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Sonntag, 20. Dezember 2015

(Un)Menschlichkeit




Warum ich dieses Video poste?
Nun, der simple Grund ist, dass ich dieses Lied seit geraumer Zeit sehr oft höre, gestern aber erstmals das Video dazu gesehen habe.
Der weniger simple Grund ist, dass ich es äußerst verstörend finde - wie generell visuelle Darstellungen solcher Grausamkeiten.
Ich konnte mir schon immer schlecht Filme ansehen, die geschichtliche/gesellschaftliche Themen dieser Art vor Augen führen, wie z.B. den Holocaust, Sklaverei/Apartheid, Beschneidungen...
Natürlich sehe ich mir ab und an dennoch solche Filme an. Aber sie hinterlassen immer ein furchtbares Gefühl, irgendwo zwischen Schockiertheit, Ungläubigkeit, Angewidertheit, Wut und irgendwas, was ich nicht in Worte fassen kann.
Doch auseinandersetzen müssen wir uns ja doch damit. Oder sollten es zumindest. Und eigentlich braucht es dazu nicht mal Filme. Man muss nur die Nachrichten einschalten und hat dasselbe in Grün, nur mit weniger Inszenierung - nämlich gar keiner.

Ich poste dieses Video einige Tage vor Weihnachten, damit wir bei all dem Glitzer und Tamtam nicht vergessen, dass diese Welt in nur allzuvielen Belangen weit von Frieden und Liebe entfernt ist.
Ich will damit niemandem die Freude auf das Fest verderben oder gar zynisch sein.
Im Gegenteil, ich möchte hiermit ausdrücken, dass wir uns bewusst machen - unabhängig davon, ob wir einem Gottesglauben zugetan sind oder nicht - was jener Mensch, dessen Geburt wir dieser Tage feiern, uns eigentlich lehren wollte: Menschlichkeit.
Man muss nicht religiös sein, um Menschlichkeit zu leben. Wie wir alle wissen, werden viel zu viele Kriege im Namen irgendeines Gottes geführt...
Um Menschlichkeit zu leben, muss man sich kein Bein ausreißen. Wir wissen, dass der Einzelne am großen Ganzen nichts ändern kann. Aber im Kleinen kann er wirken.
Es muss nicht Weihnachten sein, damit wir an andere denken, an jene, die nicht das Glück haben, friedvolle Tage im Kreis von Familie und Freunden zu verleben.
Allerdings glaube ich, dass wir dieser Tage für die Belange anderer besonders empfänglich sind - und uns gleichzeitig gerade jetzt nicht mit Leid und Grausamkeit konfrontieren wollen.
Auch das ist wohl nur ein allzu menschliches Verhalten - allerdings ein fragwürdiges.
Wir sollten uns wenigstens bemühen, uns weniger fragwürdig zu verhalten.
Weniger wegzusehen.
Weniger mit uns selbst beschäftigt sein.

Montag, 17. August 2015

A Step You Can't Take Back





Szene/Song aus dem Film Can a song save your life?, den ich dieser Tage endlich mal gesehen habe.
Ich wollte ihn damals schon schauen, als er im Kino lief, habe ihn dann leider verpasst, mir aber immerhin einige Songs des Soundtracks runtergeladen, die mich, auch ohne den Film gesehen zu haben, schon ziemlich begeisterten.
Und ich muss sagen, der Film hält, was die Songs versprechen, daher möchte ich ihn euch ans Herz legen.Wer schöne Singer/Songwriter-Musik und Independencefilme mag, wird hier auf seine Kosten kommen.
 Worum es im Plot geht, könnt ihr ja unter obigem Link selbst nachlesen.
Die schauspielerische Leistung steht meines Erachtens außer Frage. Keira Knightly hat schon lange bewiesen, dass sie nicht nur als hübsches Beiwerk von Orlando Bloom und Johnny Depp taugt und auch wenn ihre Rollen irgendwie fast immer dieses englisch-kühl-ätherische Etwas an sich haben, ist sie ausnahmslos sehenswert. Marc Ruffalo kannte ich bislang nur aus 30 über Nacht, also einem naja-kann-man-mal-sehen-Film. Als halb-absturzgefährdeter (Ex)Musikproduzent kommt er aber echt gut. Adam Levine, der Sänger von Maroon 5, ist weniger spielend als singend zu sehen, was aber vermutlich auch gut ist.
Denn vom gleichen Regisseur (John Carney) stammt auch der Film Once, welcher von der Art her vergleichbar und ebenfalls sehenswert ist. Allerdings ist Once stark geprägt von Improvisation, nicht zuletzt von den Schauspielern, die eigentlich gar keine sind, sondern eben Musiker. Mir persönlich war das letztlich dann doch einen Tick zu experimentell, daher liegt mir Can a song save your life? dann doch mehr.


Ich möchte hier noch kurz festhalten, was ich persönlich von dem Film noch mitgenommen habe:

Begin again, so der Originaltitel des Films, oder auch Songtitel wie A step you cant take back oder Lost stars zeichnen eine feine, sinnbildliche Linie meiner Generation: Wir suchen. Immer und ständig, nach Neuem, nach Abenteuer, nach der großen Liebe, nach allem, was das Leben zu bieten hat. Vor allem aber nach uns selbst. Selbstverwirklichung, das ist das Thema. Keine Generation vor uns war so sehr damit beschäftigt, sich selbst zu finden - und fühlte sich gleichzeitig so verloren.
Aber das braucht einen auch nicht zu wundern. Selbstverwirklichung fordert nun mal seinen Tribut, zumindest dann, wenn man etwas ganz Entscheidendes verwechselt, übersieht: Seinen eigenen Idealen und Werten treu zu bleiben darf nicht dazu führen, egoistisch zu sein und/oder andere(s) einem Zweck zu opfern.
Dave opfert die Beziehung zu Gretta seiner Karriere. Obwohl sie sich einst genau dadurch kennen und lieben lernten, ist auf seiner Erfolgsleiter keine Sprosse mehr frei für Gretta. Er entscheidet sich für sich selbst. Im Sinne von Selbstdarstellung und Selbstoptimierung.
Gretta hingegen verzeiht es ihm sogar irgendwann, dass er einen Song von ihr klaute und zu schmalzigem Popgesülze verunstaltete. Sie spielt ihre Musik weiter, auf ihre Weise, und lässt sich weder von Dave noch den Produzenten, die sie "groß rausbringen" wollen, beirren. Auch sie entscheidet sich letztlich für sich selbst - allerdings zugunsten der Liebe zur Musik, zugunsten ihrer Integrität.

Sowenig wie  "Musik macht frei - Musik verbindet" sich gegenseitig ausschließen, sowenig sollten dies die Beziehung zu sich selbst und die Beziehungen zu anderen tun. Es muss möglich sein, dass wir uns selbst treu bleiben, uns selbst verwirklichen können, ohne, dass ein anderer Mensch dabei als störend oder hinderlich empfunden wird.
Aber irgendwie haben wir das nicht wirklich drauf. Beziehungen scheitern oder entstehen erst gar nicht, weil der andere nicht ins (Selbst)Konzept passt. Wir sind kaum mehr fähig, Kompromisse einzugehen, von einem selbstgewählten Optimum abzuweichen oder nach einiger Zeit sich einschleichende Routinen zu ertragen. Wir wollen das Beste und wir wollen weiter. Und beginnen lieber immer wieder von vorn, anstatt a step you can't take back zu wagen...

Natürlich sollten wir uns selbst treu bleiben. Selbstwert ist im wahrsten Sinne des Wortes etwas unheimlich Wertvolles. Was diesen bedroht, sollten wir aus unserem Leben verbannen.
Aber es muss auch noch Platz für andere und anderes sein, außer uns selbst...


Freitag, 13. Februar 2015

Grausame Welt

Wenn ein Mensch stirbt, ist das schlimm. Je jünger ein Mensch ist, umso tragischer ist es. Und wenn dieser Mensch auch noch freiwillig geht, ist es das erst recht...

... und wenn es sich dabei sogar um ein Kind handelt... ein Kind von kaum 13 Jahren ... dann ist das einfach nur unbegreiflich...


Mir ist schlecht. Der berühmte bildhafte Schlag in die Magengrube, die eiseren Faust, die das Herz zusammenquetscht, der Kloß im Hals, der die Luft zum Atmen nimmt...
Ein Kind... sein ganzes Leben noch vor sich, so viele Dinge, die er noch nicht kannte, so viele Erfahrungen, die er noch nicht gemacht hat und nun niemals machen wird... die erste Liebe, der Schulabschluss, reisen, sich die Welt ansehen... sehen, wie schön sie sein kann...
Welch Ironie. Diese Welt ist nicht schön. Nicht immer. Sie kann unfassbar grausam sein, jeden Tag. Wir denken nur nicht jeden Tag darüber nach. Um nicht verrückt zu werden... bewusst wird es uns erst dann wieder, wenn solche Tragödien sich im unmittelbaren Umfeld ereignen, wenn man selbst einen Bezug dazu hat.
Ich kannte dieses Kind, erinnere mich gut. Ein recht stiller Junge, schon immer, sensibel auch. Aber nicht gänzlich verschlossen oder gar depressiv wirkend.
Schon bei jungen Erwachsenen, die sich das Leben nehmen ist mir stets unbegreiflich, wie das nächste Umfeld es nicht bemerken kann, wenn es jemandem so dermaßen schlecht geht. Aber ein Erwachsener ist in der Lage, eine Maske aufzusetzen und erfolgreich zu schauspielern, wenn er es nur will. Aber ein Kind? Selbst den Stillen unter ihnen sieht man ihre Gefühlslage an, sie haben noch nicht die Fähigkeit, Emotionen richtig bewusst zu kontrollieren. Und wenn man nur einmal hinsieht, richtig hinsieht, dann erkennt man das doch... sollte man jedenfalls meinen.
Wie kann ich als Elternteil nicht erkennen, wenn es dem eigenen Kind so schlecht geht? Wie kann ich so unaufmerksam, so mit mir selbst beschäftigt sein, dass mir das beim EIGENEN KIND nicht auffällt? Ein Erwachsener führt bereits sein eigenes Leben und kann andere daraus ausschließen, wenn er das will. Ein Kind kann das nicht wirklich, es ist tagtäglich umgeben von Erwachsenen, die ein Auge auf es haben. Oder besser gesagt haben sollten...
Ich begreife es nicht. Begreife nicht, wie sich ein Kind so alleingelassen fühlen muss, dass es beschließt, zu gehen. Das sind die Momente, in denen man sich fragt, in was für einer Welt wir eigentlich leben... in was für einer ignoranten, selbstbezogenen Gesellschaft, in was für einem Sumpf aus Schlechtigkeiten, Ungerechtigkeiten, Hartherzigkeiten.
Man denkt zwangsläufig an all das Elend, welches man jeden Tag in den Nachrichten sieht und auch an das, welches man nicht sieht, welches aber da ist. Und wenn man das tut, sich das antut, ganz bewusst... dann ist es auf einmal gar nicht mehr so unbegreiflich, dass sich in einer solchen Welt ein 13-Jähriger vor den Zug wirft... und DAS wiederum, die Erkenntnis, dass es einen irgendwo nicht zu wundern braucht - ist... grausam.


... und wie macht man das anderen Kindern begreiflich? Besonders jenen, die den Jungen auch kannten und die, natürlicherweise, bereits gestern nach der Nachricht völlig verstört waren... ohne, die ganze Wahrheit zu kennen. Und über kurz oder lang werden sie die Wahrheit über den "Unfall" herausfinden. Wie groß muss dann erst die Verstörung sein...?



______________________

In Gedenken an P. 
Ich hoffe, du findest in einer anderen Welt das, was dir hier versagt blieb...

Sonntag, 18. Januar 2015

Liebe und andere Illusionen

Was ist eigentlich los mit meiner Generation? Oder sollte ich besser sagen, mit den Männern meiner Generation... irgendwie sollte man doch meinen, dass Männer Ende 20/Anfang 30 sich nicht mehr benehmen wie kleine pubertäre Jungs. Zumindest nicht dauernd.... und zumindest nicht, wenn es um das Thema Partnerschaft geht.
Mit 27 Jahren Single zu sein und nicht mehr sein zu wollen, sich also mit anderen Worten auf die Suche zu begeben, ist von einem rein quantitativen Standpunkt aus betrachtet kein Problem. Singles gibt es genug. In der Generation meiner Eltern war das schon eher ein Problem, da standen die meisten in diesem Alter schon mitten im Familienleben und dem traurigen Rest blieben nicht mehr viele Chancen. Heute ist das kein Problem, an Familienplanung denken vor 35 die wenigsten.
Allerdings sollte man meinen, dass sich zumindest bei einem Teil der Singleschaft in besagtem Alter dann doch eben mal zumindest ein Bedürfnis nach einer festen Partnerschaft abzeichnet. Nach etwas mit Bestand, Ernsthaftigkeit und - auch wenn es niemand garantieren kann - Zukunftsorientiertem.
Sollte man meinen - ist aber nicht so. Vor allem nicht bei den Herren der Schöpfung. Das Problem für Singlefrau ist also nicht die Quantität, sondern die Qualität.

Wir sind eine Spaßgesellschaft, eine Erlebnisgesellschaft. Wir nehmen, was das Leben uns zu bieten hat und denken nicht gerne an Morgen. Verantwortung wollen wir maximal im Beruf, und auch nur dann, wenn es mit entsprechendem Honorar und Prestige einhergeht. Ansonsten wollen wir es locker und ungezwungen. Auch, was Partnerschaft angeht. Lass uns einfach ein bisschen Spaß haben, weil so ganz alleine sein ist ja auch doof und vor allem der Sex fehlt. Den braucht der Mensch ja, ist ein natürliches Verlangen, genauso wie Essen. Und deshalb geht der Trend auch weg von One-Night-Stands, bei denen dieses Vergnügen eben nur besagten Zeitraum lang dauert. Nein, das Neueste ist Freundschaft-Plus. Da reduziert man die Anstrenung eines Aufrisses auf ein Minimum und hat länger Freude daran. So lange, bis eben beide oder wenigstens einer keine Lust mehr hat oder dann vielleicht doch mal was wie dieses.... wie heißt das?....Liebe!... dazwischenkommt. In ganz seltenen Fällen vielleicht sogar zwischen den Freundschaft-Plus-Mitgliedern selbst....
So läuft das heute. Lass uns Spaß haben und wer weiß, wenn wir Glück haben, entsteht vielleicht sogar Liebe. Und wenn nicht hatten wir eben zumindest SPASS!

Mich kotzt diese Mentalität so dermaßen an..... und ich bin wohl einfach zu oldschool dafür, passe in dieser Hinsicht nicht in meine eigene Generation. Ich bin irgendwie immer noch auf dem Standpunkt: Mann/Frau begegnen sich - finden sich sympathisch - das gegenseitige Interesse (an der Person!) wächst - man kommt sich näher - verliebt sich.... und dann kommt das, ich nenne es mal, Körperliche.
Oder gut, nennen wir das Kind beim Namen: Heutzutage läuft das irgendwie umgekehrt und Frau muss offenbar erst mal mit einem Kerl ins Bett steigen, um das Anfangsinteresse überhaupt weiter aufrecht erhalten zu können. Und meine persönliche Denkweise, dass das eben umgekehrt laufen sollte, ist da eindeutig ein veraltetes Modell.
Um das mal klar zu stellen: Von einem rein moralischen Standpunkt aus betrachtet verurteile ich es nicht, wenn Menschen einfach Spaß an Sex haben und das nicht bierernst nehmen. Solange sich beide Parteien einig sind, soll jeder das tun, was ihm beliebt. Und ich bin auch nicht prüde und echauffiere mich darüber, dass Sex kein Tabuthema mehr ist über das man nur hinter vorgehaltener Hand tuschelt.
Aber ich finde, dass das andere Extrem der Fall geworden ist. Alles in dieser Gesellschaft ist und wird ständig sexualisiert, irgendwie läuft immer alles nur darauf hinaus und egal ob Medien oder eigenes soziales Umfeld, in irgendeiner Form ist Sex quasi allgegenwärtig. Sex ist Fun, Sex ist Adrenalin, Sex ist Zeitvertreib - und schon lange nichts Besonderes mehr. Es ist  nicht mehr die intimste und vertrauteste Möglichkeit, dem Menschen, den man liebt, nahe zu sein...
Sex und Liebe - das muss schon lange kein untrennbares Gespann mehr sein.
Wie gesagt, ich praktiziere hier keine moralische Verurteilung jener, die diese zwei Komponenten bedenkenlos trennen können und die sich für den Spaß entscheiden.

Aber ich bin traurig und frustriert angesichts der Menge, die so denken. Ich bin es leid, an allen Ecken und Enden der realen wie auch virtuellen Welt immer wieder auf die immergleiche Problematik zu stoßen: Mach den Spaß mit, oder bleib alleine.
Und mir persönlich bleibt nur Letzteres, und zwar ohne Debatte. Denn ich will nicht nur Spaß. Ich will einen Partner. Ich möchte mich verlieben. Ich möchte, dass sich jemand für MICH interessiert, und zwar für das gesamte Paket und nicht nur für die Aspekte, die es im Schlafzimmer braucht. Ich möchte kein Zeitvertreib und keine Option sein. Ich möchte....
Ach scheiß drauf, ich sag's einfach: Ich möchte umworben werden, ich möchte das Gefühl bekommen, ich sei für einen Menschen etwas Besonderes, ich möchte die rote Rose an meiner Winschutzscheibe, den Liebesbrief im Briefkasten und den Kuss im Regen. Ich möchte das verdammte scheißromantikkitschikitschhollywoodunddisneyfilm-Gedöns.... und natürlich auch umgekehrt. Ich möchte einen Menschen kennenlernen, der mich fasziniert, der meine Gedanken und Gefühle vereinahmt. Und der nicht nur mir Vertrauen gibt, sondern mir auch seines schenkt....
Ich will LIEBE!!!

Aber irgendwie lebe ich mit meinen Ansichten und Wünschen in der falschen Zeit. Romantik ist überbewertet, ernste Absichten etwas, wovor sich viele regelrecht zu fürchten scheinen, Liebe wird verwechselt mit temporärer Verknalltheit und die Suche danach wird in Fernsehformaten wie "Der Bachelor" lächerlich gemacht und in seinem Wert degradiert.
Ich dachte mal, wahre, aufrichtige Liebe zu finden sei das höchste Gut, was ein Mensch "besitzen" kann.... Aber sie ist wohl dem Spaßgott zum Opfer gefallen.

Tja.... da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so allein als wie zuvor....

Freitag, 7. März 2014

Die Sache mit der Integrität

Was ist, wenn die sogenannten gesellschaftlichen Konventionen so überhaupt nicht konform zur eigenen Wesensart sind?
Was ist, wenn man Aspekte der eigenen Person, tiefgreifende Bedürfnisse, krampfhaft unterdrücken muss, weil man fürchten muss, sich lächerlich zu machen?
Weil diese ungeschriebenen Verhaltensregeln einem suggerrieren, dass man das "halt nicht macht". dass es "komisch rüberkommt".  
Aber man selbst findet es an sich nun mal nicht lächerlich, sondern einfach richtig. Und wichtig, für einen selbst. Das Einzige was einen zurückhält ist die (begründete) Angst vor Unverständnis.

Ein (überspitztes) Beispiel: Wer würde schon auf die Idee kommen, durch die Straßen zu laufen und einen wildfremden Menschen einfach so zu umarmen? Das macht man nun mal nicht. Weil diese Person mindestens irritiert wäre, wahrscheinlich sogar verschreckt. Sie würde einen zurückstoßen.
Und würde sie fragen "Was zum Teufel soll das?!", und du würdest antworten "Weil ich so bin.", dann wäre das für diese Person und für alle anderen außenrum nicht im Mindesten ein akzeptabler Grund........
.....unter 1000 Menschen gäbe es vielleicht einen, der einen nicht zurückstoßen würde. Der es nicht lächerlich fände, nicht verrschreckt zurückweichen würde, der vielleicht genauso handeln würde oder es zumindest verstehen kann, dieses Bedürfnis, oder aber es auch einfach nur akzeptiert. Aber die Chance, ausgerechnet diesen Menschen zu umarmen, ist sehr gering...

Also, was sollte man tun? Sich der allgemein anerkannten Norm anpassen, um dem Risiko der Lächerlichkeit und des Unverständnisses zu entgehen? Zum Preis davon, mit mal mehr, mal weniger großer, aber dennoch dauerhafter Anstrengung einen wesentlichen Teil des eigenen Selbst zu unterdrücken?
Oder weiter machen? Immer wieder in Kauf nehmen, zurückgestoßen zu werden.... aber dabei wenigstens das Gefühl von Integrität zu haben...

Sonntag, 26. Januar 2014

Das Heinz-Dilemma

Möchtet ihr mal testen, wie es um euer moralisches Urteilsvermögen bestellt ist? Dann könnt ihr mal das sog. Heinz-Dilemma von L. Kohlberg durchspielen:


Da das Video die Ebenen, bzw. die ihnen untergeordneten Stufen nicht erläutert, werde ich das schnell mal zusammenfassen:
  • präkonventionelle Ebene: In Stufe 1 wird die moralische Wertung an Strafe und Gehorsam ausgerichtet. Man fügt sich der übergeordneten Autorität und hinterfragt deren Regelungen nicht. In Stufe 2 ist der Gerechtigkeitssinn stark ausgeprägt, aber pragmatisch, man handelt nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir"
  • konventionelle Ebene: In Stufe 3 ist moralische Wertung der Konformität unterlegen. "Gut" ist, was anderen gefällt und ihnen hilft. In Stufe 4 wird richtiges Verhalten gleichgsetzt mit (gesellschaftlicher) Pflichterfüllung. Die soziale Ordnung/das Gesetz ist einzuhalten.
  • postkonventionelle Ebene: In Stufe 5 gibt es ebenfalls ein Pflichtgefühl gegenüber dem demokratischen Gesetz, es dient dem Wohle aller und schützt die Rechte des Einzelnen. Abgesehen hiervon wird Recht aber vor allem als eine Frage persönlicher Wertsetzungen und Meinungen gesehen.  In Stufe 6 richtet sich das moralische Urteil nach allgemeinen, ethischen, abstrakten Prinzipien, wie z.B. dem kategorischen Imperativ. 
  •  
     
Selbstverständlich ist hiermit ein so umfassandes und vor allem nicht ausschließlich objektiv zu betrachtendes Thema wie Moral nicht abgehnadelt. Kohlbergs Stufentheorie ist nur eine von vielen und nimmt auch vorrangig die kognitive Perspektive in den Blick, indem er fragt, wie jemand über ein moralisches Problem denkt, bzw. wie sich die Moral rein kognitiv entwickelt und welche Fähigkeiten dazu notwendig sind.
Dass aber moralisches Denken und Handeln nicht das Gleiche, im Gegenteil sogar oftmals eher konträr sind, wird deutlich wenn man z.B. den situativen Aspekt betrachtet, also wieviel Einfluss die Situation selbst, in der ein moralisches Urteil nötig wird, auf das Handeln hat. So als Außenstehender ist es ja relativ leicht zu sagen, was Heinz wohl tun sollte, bzw. was man - rein gedanklich - selbst tun würde an seiner Stelle. Wie aber sieht es aus, wenn man die drohenden Konsequenzen tatsächlich real erlebt?
Man kann desweiteren auch fragen, inwiefern einem ein moralischer Sinn angeboren ist, inwieweit die Evolution und die rein biologische Hirnetwicklung ihren Teil dazu beitragen.
Wem das dann doch zu pragmatisch ist, der kann sich der emotionalen Perspektive widmen, die im Gegensatz zur Kognitiven davon ausgeht, dass wir moralische Entscheidungen eher gefühlsmäßig fällen und erst im Nachhineien (wenn überhaut) konkret darüber nachdenken. Hier kommen dann Komponenten hinzu, wie sie durch die jeweils individuelle Sozialisation entstehen, sprich gesellschaftliche und kulturelle Wertevorstellungen, mit denen man aufwächst, die Erziehung usw. Man hat eine intuitive Präferenz für bestimmte Lösungen, abgespeicherte Schemata nach denen wir urteilen und handeln und die uns nicht unbedingt bewusst sind.

Genau deshalb schreibe ich auch diesen Post. Selbstverständlich haben wir alle ein rein intuitives Alltagsverständnis darüber, was richtig/falsch, moralisch/unmoralisch ist. Gerade Moral ist etwas sehr subjektiv Empfundenes, wie es ja z.B. auch Kohlberg in Stufe 5 (auf der sich übrigens im Durchschnitt die meisten Erwachsenen befinden) postuliert.
Aber ich finde es dennoch interessant, sich mal objektiv mit dem Thema zu beschäftigen und denke, dass man dadurch - trotz dessen dass man sich auf einer rein theoretischen und vielfach abstrakten Ebene befindet - den Blick für das eigene moralische Verhalten und das anderer ein wenig sensibilisieren kann. Selbstverständlich wird man nicht, wenn man das Heinz-Dilemma (oder Ähnliche) durchspielt, im kohlbergschen Sinne eine höhere Moralstufe erreichen.
Aber es lässt einen vielleicht mal generell darüber nachdenken, ob denn eine höhere Stufe auch bedeutet, dass man ein "besserer" Mensch ist. Und was überhaupt "gut" ist, ob es sowas wie einen moralischen Qualitätsunterschied gibt und an welchen Kriterien man das festmachen will oder überhaupt kann. Und wie sehr wir dazu tendieren, moralisches Verhalten anderer zu beurteilen, ohne oftmals deren genaue Beweggründe zu kennen, wie schnell wir verurteilen.
Lese ich dann beispielsweise einen Artikel über jugendliche Straftäter und welche Grausamkeiten sich die Häftlinge im Gefängnis gegenseitig antun, denke ich vielleicht eher über meinen ersten Impuls "Wie kann man nur?!" hinaus, und auch über den zweiten, in dem ich nach Begründungen für dieses Verhalten suche, wie "miese Kindheit gehabt", "falscher Umgang" etc. Spinne ich den Faden weiter, muss ich mich zwangsläufig fragen, was mit unserem Rechtssystem nicht stimmt. Nach dem Jugendstrafrecht geht es eher um Erziehung als um Bestrafung, aber trotzdem werden über 70 % nach der Entlassung wieder rückfällig. Aber wie sollte es auch anders sein, wenn es, statt Maßnahmen wie Therapieplätzen und Beschäftigung einzurichten, stattdessen möglich ist, dass sich die Jugendlichen unbeobachtet gegenseitig foltern, quälen und gar vergewaltigen? Und der Grund warum solche Konzepte nicht funktionieren ist vor allem der, dass sie in der Öffentlichkeit nicht gut zu verkaufen sind. Weil dann die Rufe nach härteren Strafen laut werden....
Ist das "moralisch korrekt"? 







Dienstag, 17. September 2013

Eine Gegenwartsdiagnose in 4 Minuten...

Dank Uni habe ich mich im vergangenen Semester mit einem Haufen an sozialwissenschaftlicher Gegenwartsdiagnosen rumgeschlagen. Spich Theorien über jüngste und aktuelle Gesellschaften, wie wir so ticken, was wir so tun bzw. uns selbst antun.
Prinzipiell eine durchaus interessante Sache, dank Bulemie-Lernkonzept (= viel zu große Stoffmenge ins Hirn reinstopfen und bei der Klausur wieder rauskotzen) die letzten Wochen aber leider nur noch nervig und anstrengend (vielen Dank, lieber Staat, für die gnadenlose Standarisierung und einzigst auf Bildungszertifikate ausgerichtete Form unseres Bildungssystems...).
Manche dieser Diagnosen sprechen davon, dass wir zunehmend zu individualisiertem und egozentriertem Verhalten neigen. Selbstverwirklichung, Bruch mit Traditionen und Routinen, ein ständiger Drang zu Neuem und Aufregendem, Felexibilität und Mobilität sind hier die Schlagwörter, die einem in sämtlichen nur erdenklichen Interpretationsmöglichkeiten um die Ohren gepfeffert werden.
Andere Theorien wiederum behaupten das Gegenteil: Standarisierung, Effizienz, Humankapital....wir sind keine Personen mehr sondern Positionen, sind an sich austauschbar und kaum noch in der Lage, uns auf unser eigenens Urteil zu verlassen.

....ein kompletter Studienbrief gefüllt mit Theorien von Beck, Ritzer, Schulze, Coleman und vielen mehr, gepaart mit weiteren Papier-Bomben zu sozialer Ungleichheit und Sozialstrukturanalyse...
....und dabei wäre es so einfach gewesen: Am liebsten hätte ich in dieser scheiß Klausur letzte Woche sämtliche Fragen gnadenlos durchgestrichen und Folgendes darunter geschrieben:
Hört.Euch.Dieses.Lied.An. ---> Kettcar - Geringfügig, befristet, raus

Denn es ist durchaus bemerkenswert, dass man es schaffen kann, in nicht mal 4 Minuten und mit ein paar ironisch heiter-aggressiven Gitarrenklängen ein semesterfüllendes Modul zusammenzufassen, haufenweise gegensätzliche und schlaue Theorien zu vereinen - denn SO sind wir drauf, und nicht anders, so IST unsere heutige Gesellschaft. Und wir wissen es alle. Und sofern wir nicht zu den profit- und imagegeilen Arschlöchern gehören, regen wir uns gerne darüber auf. Aber mitmachen tun wir ja trotzdem irgendwie...


Gibt es denn wirklich nichts Wichtigeres mehr im Leben....?

Donnerstag, 27. Juni 2013

Die Kunst des Wartens



Ich glaube, nicht wenige Menschen würden jetzt sagen, dass Warten nichts bringt. Menschen, die dieser in unserer Gesellschaft so populär gewordenen "Nimm dein Leben selbst in die Hand"-Mentalität frönen.
Manchmal mögen sie damit wohl auch Recht haben, manchmal ist es angebracht, sich zu bewegen und die Dinge voranzutreiben.
Und manchmal ist es sinnvoll, stehen zu bleiben. Stillstand ist nichts "Böses", auch wenn uns genau das immer suggeriert wird. Dabei ist das Stillstehen, wenn man es genau betrachtet, vielleicht gar die schwerer zu bewältigende Aufgabe.
Während wir in der Bewegung zwar stets dem Risiko ausgesetzt sind, hinzufallen oder zu schnell zu werden, erfordert das Warten hingegen Geduld. Risiken kommen von außen, Geduld muss von innen kommen. Und sie erwartet wesentlich mehr Durchhaltevermögen von uns, manchmal über Jahre hinweg.
Die Kunst des Wartens ist also etwas, was wir auf keinen Fall verlernen sollten.

Und neben aller Anstrengung birgt das Warten auch Wunderbares.
Und zwar dann, wenn wir uns eigentlich gar nicht darüber im Klaren sind, auf was wir warten.
Aber eben dann wissen wir tief in uns genau, dass wir für nichts so viel Geduld aufbrächten, würde das Warten sich nicht letztlich lohnen...


Samstag, 20. April 2013

Der Mensch und das "Es"



Ich hab’s im letzten Post versucht anzusprechen. Es ging nicht, nicht wirklich.
Dann hab ich’s seinlassen. Dachte, vielleicht legt sich das alles wieder, dann kann ich mir die Mühe und vor allem die Aufregung sparen.
Es hat sich aber nicht gelegt. „ES“ ist immer noch präsent, schreit mich an aus allen Winkeln.


„Es“ ist der Mensch. An sich und in der Gesellschaft, als Einzelner und als Kollektiv.
 „Es“ ist das Befremdliche,  Unheimliche, das aber dieser Tage nicht leise schleichend sein Unwesen treibt, sondern wie das Monster im Kleiderschrank, das wir immer fürchteten, und welches nun tatsächlich brüllend daraus hervorspringt.
Hm. Eigentlich wollte ich eine andere Metapher verwenden. Dass ich nun bei dieser gelandet bin zeigt, dass sich das Unterbewusstsein doch manchmal treffender auszudrücken weiß, als man glauben möchte. Denn das Thema Mensch und Gesellschaft, also alles, was man gemeinhin mit Pronomen wie „Ich“ und „Wir“ bezeichnet, nun mit „Es“ zu betiteln, finde ich gerade mehr als bezeichnend.
Ein „Es“ ist ein Ding ohne Bewusstsein, ohne Seele, ohne Sein. 
Ein menschliches Wesen wird durch das Gegenteil davon definiert.
Und doch steckt, so scheint es, in allem Menschlichen auch immer ein „Es“.
Und darum geht es, um diese vom Mensch selbst gern ignorierte Seite seines eigenen Wesens, die, die nicht denkt, die entgegen aller Vernunft, die sie besitzen sollte widerrechtlich handelt, die lernfähig sein sollte und es so oft nicht ist…die ein „Es“ ist, und kein Mensch in dem Sinne, zu dem er sich über jahrtausende an Menschheitsgeschichte angeblich gemacht hat.

Ich weiß nicht genau, warum ich dieser Tage für diese Art von Thematik so sensibel bin.
Aber vermutlich lässt sich da gar nicht von Sensibilität reden, weil es („ES“) einfach nicht zu übersehen ist, weil es mir von allen Seiten des täglichen Lebens entgegen schreit, und eben nicht nur aus dem metaphorischen Kleiderschrank;
Sei es nun die Freundin, die in ihrem Selbstwertgefühl verletzt wurde, weil sie eindeutig eine diskriminierende Erfahrung machen musste.
     Der Mensch ergießt sich in Vorurteilen.
Seien es Filme, die Themen wie Hexenverbrennungen, Sklaverei und Kriege skizzieren, und das teilweise sogar nur am Rande, ohne dass es der eigentliche Plot des Films ist. Und dennoch bleibt am Ende, wenn man selbst alles gewollt Überzogene, Blutige und die Effekthascherei subtrahiert, eine Linie menschlicher Grausamkeit, die sich durch alle Zeitalter hindurch zieht und die einen nur noch fragen lässt: Lernen wir denn nie?
     Der Mensch ist uneinsichtig.
Sei es mein neues Studienmaterial, dass mich durch eine Zeitreise sozialer Ungleichheit führt und mir außer dem Gedankengut vieler revolutionärer Denker doch aber auch vor allem eines zeigt: Es gibt bis heute keine Lösung. Es gibt bis heute kein gerechtes Teilen und Handeln zwischen den Menschen.
     Der Mensch ist egoistisch und herrschsüchtig.
Sei es das leidige Thema des Leistungsdrucks, welches sich mir schon aus rein beruflichen Gründen unübersehbar aufdrängt, welches aber zunehmend unser aller Leben bestimmt. Wir stellen kognitive Leistung über alles andere und werden blind für andere Kompetenzen, die uns ausmachen sollten…..   
     Der Mensch erschöpft sich in elitärem Denken und ist oberflächlich.
Sei es die Fülle an Dokumentationen, Berichten, Studien, die uns allesamt darauf hinweisen, dass wir wider allen besseren Wissens aus Forschung und Wissenschaft weiterhin unseren eigenen Lebensraum zerstören und unsere Ressourcen aufbrauchen - bis wir uns irgendwann selbst ausgelöscht haben.
    Der Mensch ist unvernünftig.
Und sei es das allgegenwärtige kollektive System, in welchem wir leben, welches wir selbst sind. Das, das sich je nach Zeit und Gesellschaft anders gestaltet und letztlich doch immer gleich ist, gleich in seiner Macht, uns zum Mitziehen zu zwingen. Obwohl es in sich so krank und schwächlich und unsinnig ist. 
    Der Mensch ist beeinflussbar.


Ich denke, ich könnte diese Liste noch mühelos um einige Punkte erweitern. Und alle würden sie miteinander verbunden sein, alle würden sie zeigen, dass das eine das andere bedingt und umgekehrt.
Genauso gut hätte ich aber auch alles hier Erwähnte auf ein einziges Beispiel begrenzen können. Und dieses hätte, ganz für sich alleine stehend, dennoch bereits eines veranschaulichen können:
Der Mensch ist nicht das, wofür er sich hält, was er vorgibt zu sein, was er sich selbst glauben machen will. Mit seiner Vernunft, seiner Lernfähigkeit, seinem Mitgefühl ist es manchmal nicht weiter her als der Steinwurf bis zum nächsten Dilemma der Menschheitsgeschichte.
Ich sage nicht, dass er diese guten Fähigkeiten, mit denen er sich rühmt, gar nicht besäße. 
Aber ich sage, dass er allzu oft nicht mehr ist, als das „Es“, dass ihm innewohnt.




Donnerstag, 11. April 2013

No Words

Worte, Worte, so viele Worte und Gedanken, die sich in mir anstauen, so viele Themen und Begebenheiten, die mir dieser Tage über den Weg laufen und die so gerne berichtet, festgehalten und geteilt werden würden....

...aber irgendwie...komme ich nicht dazu. Nicht mal zwingen aus zeitlichen Gründen, eher aus Gründen der Anlaufschwierigkeiten. Es gibt Sachen, die kann man einfach aufschreiben, so wie's gerade aus einem kommt. Es gibt aber auch Geschichten, die als eine solche überlegt sein wollen, die eine gewisse Struktur brauchen, die gedanklich geordnet und argumentiert werden wollen.
Klingt irgendwie langweilig, wenn man bedenkt, dass ein Blog ja den Sinn zum "Schreiben frei Schnauze" hat. Aber trotzdem, manchmal kann ich nicht einfach drauf losschreiben, muss das ganze erst mal für mich selbst ergründen, bevor ich es an andere herantrage.
Und obwohl es mir unter den Nägeln und in der Seele brennt, eben dies anzugehen, damit ich es zum einen einfach aus mir raus habe, aus meinem Kopf, meinem Gefühlsleben, diese ganzen Gedanken, die mich so beschäftigen...und damit ich zum anderen erfahren kann, was andere über dergleichen denken, vor allem mit der Intention verbunden zu sehen, dass nicht alle Menschen dieser Welt gedankenlos gegenüber ihren Mitmenschen handeln...
Denn darum geht es. E handelt sich, sagen wir mal, um recht gesellschaftskritische Sachen, Dinge, die uns alle angehen, mit denen wir alle mehr oder weniger Erfahrungen gemacht haben und über die wir uns auf jeden Fall Gedanken machen sollten.

Aber ich kriegs nicht raus. So ein Mist! Es sind so viele unterschiedliche Sachen, die aber vermutlich doch alle miteinander zusammenhängen, und ich finde keinen Anfang, mich auszudrücken, scheitere sogar teilweise in der Argumention gegenüber mir selbst...
Dergleichen Reaktionen zeigen mir letztlich vor allem eins: Im Großen und Ganzen werde ich wohl nie genügend gesunde Gelassenheit besitzen, als dass ich mich nicht über himmelschreiende Ungerechtigkeiten aufregen würde, als dass es mich nicht emotionale Schwerstarbeit kosten würde, mein Empfinden diesbezüglich unter Kontrolle zu bringen.
Es ist ein riesiger Haufen gesellschaftlicher, (pseudo-)menschlicher, und immer aufs Neue völlig unverständlicher Scheiße, der meine Gedanken beherrscht und sie gleichzeitig ins Chaos stürtzt.
Was ist bloß los mit dieser Welt? Mit dieser Spezies Mensch? WAS?!
There are no words for THAT!....

Samstag, 24. November 2012

Irrsinnig gut

Dass das "gemeine Volk" in diesem Land immer bescheuerter zu werden scheint, merkt man am Fernsehprogramm. Trivialer und peinlicher geht's bald nicht mehr...
Dass die Bürokratie in diesem Land schon immer bescheuert war, zeigt das Fernsehen jetzt auch, und zwar das Stückchen Fernsehen, dass noch nicht der Massenverblödung erlegen ist, dass, das wenn es kommt, irgendwann spät Nachts kommt.
Einmal pro Woche zeigt NDR, immer Mittwochs um 23:30 Uhr, die Sendung "Extra 3", mit vielen kleinen Beiträgen, die u.A. die Welt der Bürokratie und Paragraphenreiter gekonnt auf die Schippe nimmt.
Das "3"  - bzw. "drei" - im Titel steht nämlich für "Der reale Irrsinn". Und dieser Name ist Programm.
Da findet man Brücken, die nicht befahren werden dürfen, Wurstbudenverkäufer, die ihre Ware über einen von der Verkehrsbehörde äußerst intelligent gezogenen Zaun hinweg verkaufen müssen, und Menschen, die ihre Mülltonnen fast einen Kilometer weit zur Abholstelle karren, weil die Straße für das Müllauto ein paar Zentimeter zu schmal ist. Und Behörden ja bekanntlich auch um keinen Zentimeter von ihren Vorgaben abweichen.

Dank Mediatheken muss man sich zum Glück auch nicht zwanghaft wachhalten, um doch noch ab und an ein Stückchen gutes Fernsehen erleben zu können: Besagte Videos und viele mehr findet ihr hier.

Ich kann es nur empfehlen, weil es zum einen in der Tat äußerst belustigend ist im Sinne von "Sachen gibt's, die gibt's gar nicht", aber auch, weil die Komik, die darin steckt eigentlich vielmehr einer Tragikomik weicht, denn schließlich legen sich diese Paragraphenhoppler ihre Eier ja nicht selbst, sondern machen dem Bürger damit das Leben unnötig schwer.
Und somit ist die Sendung nicht nur für einen Lacher gut, sondern auch förderlich für das gegenseitige Mitgefühl. Denn welcher Erwachsene in Deutschland hat sich noch nicht mit der ein oder anderen Unzulänglichkeit - oder eben dem Irrsinn - des Bürokratiewesens rumschlagen müssen?

Tja...und egal ob man nun triviales oder anspruchsvolles Fernsehen bevorzugen mag, egal, ob man zu jenen gehört, die sich Gedanken um die Gesellschaft machen oder zu jenen, die einfach so vor sich hinleben: "Die Bürokratie" ist das gemeinsame Feindbild, über dass man sich immer und zu aller Zeit wird aufregen können.
Sowas verbindet.
Ist das nicht toll?!

Montag, 15. Oktober 2012

Kindermund

Ich arbeite jetzt schon ziemlich lange mit Schulkindern, und das ist echt ne tolle Sache.
Aber manchmal vermisse ich auch die arbeit im Kindergarten.
Die ganz Kleinen hauen nämlich in ihrer kindlichen Weisheit manchmal Sprüche raus, die echt zum Schießen sind (oder auch zum Nachdenken....).
Je älter sie werden, umso weniger kommt das leider vor.
Aber manchmal sind auch pubertierende Jungs für einen Lacher gut:

Frage beim Quizspiel: Was ist Kauderwelsch?
M.: "Ist das nicht'n Käse...?"
J.: "Nein, du meinst Gouda..."

*lol* ^^


Außerdem fand ich eine Sache heute sehr beruhigend: J. weiß wirklich enorm viel, ist ein richtiger kleiner Schlaumeier (und ein extremer Rotzlöffel, aber gut *g*).
Auf meine Frage, woher er das denn alles weiß, meinte er, er sehe sich oft "solche Sendungen" (sprich Galileo, Wissen macht AH, Terra X etc.) an.
Wer wie ich viel mit Kindern zu tun hat (und indirekt mit deren Familienleben), und ebenfalls wie ich oft der Verzweiflung nahe ist ob unseres Fernsehprogramms (der beste Spiegel für das sinkende Niveau in dieser Gesellschaft -.-), wird verstehen, warum ich das beruhigend finde....

Donnerstag, 30. August 2012

Über den Glauben

"Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht."
Albert Schweitzer


Ach, der Mann ist doch wirklich einfach nur gut, oder?! Der hat halt einfach Recht...und bei diesem Zitat fühle ich mich persönlich  ja besonders angesprochen. Weil das halt genau meine Rede ist. Und ich GENAU DAS das nächste Mal meiner Oma ins Gesicht sagen werden, wenn sie uns "böse böse" Kinder und Enkelkinder wieder 3 Wochen lang mit dem A**** nicht anguggt, weil wir es mal wieder gewagt haben, nicht in die Kirche zu gehen, die sie doch extra für die verstorbene Verwandschaft bestellt hat....Was folgt, ist ein Schmoll-Zenario erster Güte und mit den immer gleichen Argument: "Das kann man doch einmal machen...ich würde mich so freuen....."
Dabei sind es die Zwischentöne, um die es geht. Es geht nämlich schlussendlich weder darum, christliches Pflichtgefühl zu entwickeln, noch einer alten Frau einen Gefallen zu tun. Es geht nur um eins: Die Leute. 
Nicht die Verstorbenen etwa, nein, um die Lebenden. Diese immer greiser werdende Dorfgemeinschaft, die sich aber bis zum letzten Atemzug das Maul zerreißen wird, z.B. weil bei Familie xy ja wieder nur die arme Oma in der Kirche war, die Kinder kümmerts ja nicht....

Und das tut es tatsächlich nicht, das Geschwätz, meine ich. Mir ist das sowas von Schnurz, ich kenn die Leute noch nicht mal.
Wen ich allerdings kenne, das sind meine Großeltern. Und deren unermüdlicher Kampf, uns doch noch zu "guten Christen" umpolen zu können, die ordentlich in die Kirche gehen, schön beten und einen Euro in den Klingelbeutel werfen. Und die vor allem aber dabei auch GESEHEN werden, die zeigen, dass sie das alles tun.... hach wie gut, hach wie toll....
Ich begreife einfach nicht, dass sie das nie raffen werden! Dass sie nie verstehen werden WARUM man nicht in die Kirche geht und diesen Affentanz mitmacht. 
Das man eine andere Ansicht über die christliche Religion, bzw. Kirche haben könnte als die, die die Bibel einem vorschreibt, ist für diese Generation undenkbar. 
Dafür können sie ja nichts, die haben das als Kinder so dermaßen eingetrichtert bekommen, dass jegliche Art von selbstständigem Denken flöten gegangen ist. Und irgendwie brauchen sie diese Art von Glauben auch, er gibt ihnen Halt. 
Bitte, hab ich nix dagegen, jeder wie er will.
Aber genau diese Toleranz erwarte ich gleichermaßen auch zurück. 
Und überhaupt hierin liegt die Ironie der Sache: Toleranz. DAS ist es, was meiner Meinung nach einen sog. guten Christen ausmacht. Die Menschlichkeit. 
Wenn ich schon einen religiösen Glauben praktiziere, dann soll das keiner sein, der sein ganzes Handeln nach einem strafenden, rachsüchtigen Gott ausrichtet, der einen weniger liebt, weil man nicht in die Kirche geht. 
Es soll ein Glaube sein, der uns von Menschleichkeit und Güte und Rücksichtnahme lehrt, der uns dazu anhält, einander zu respektieren und wertzuschätzen. Und der mir auch sagt, dass ich das Leben wertschätzen soll, anstatt mir unaufhörlich Angst einzuflößen, dass ich im Leben nach dem Tod der Arsch bin, wenn ich mich hier nicht benehme.
Hm, warte mal, da war doch mal jemand, der eben genau von diesen Dingen, der Menschlichkeit,  gesprochen hat.....richtig, der Typ hieß Jesus!  

Tja, liebe Großeltern, wenn man da so eure mehr oder weniger subtilen Sanktionen betrachtet, die ihr über unsereins verhängt, könnte man das Gefühl bekommen, dass da jemand nicht richtig zugehört hat in der Bibelsstunde....
Aber genau das ist es ja, dass Zuhören leider nicht gerade eure Stärke ist. 
Denn sonst könntet ihr vielleicht verstehen, dass es Menschen gibt, für die die Kirche nichts weiter als eine Institution ist, die sie nicht brauchen um einen Glauben zu praktizieren. Aber stattdessen verurteilt ihr solche als "Sünder" und sprecht in eurer christlichen Nächstenliebe ein Gebet für sie, damit sie nicht in der Hölle landen. Tolle Toleranz. 

Kein Mensch wird diese Toleranz, diese Menschlichkeit, jemals zur Perfektion bringen. Auch ein Mensch wie beispielsweise der oben zitierte Albert Schweitzer war sicher nicht ohne jeglichen menschlichen Tadel. 
Aber es geht nicht um Perfektion oder - wie meine Oma es wohl lieber nennen würde - Sündenlosigkeit. Es geht um die Mühe, die man sich dabei gibt. Um die Mühe, diese gepredigte Menschlichkeit auch in die Tat umzusetzen. 
Und auch das sollte man nicht als eine Art Punktekonto sehen. Ich will kein Fleißbildchen für eine gute und einen Strich für eine schlechte Tat bekommen. 
Und deshalb möchte ich keinen wöchentlichen Gottesdienst besuchen, der mir nicht mehr beweist als nur das, dass der Schein und die Pflichterfüllung wichtiger sind als die Menschen. Das empfinde ich einfach als zu traurig. Und deshalb lasse ich es. Und stelle mich lieber weiterhin diesem immer gleichen und sich nie ändernden Generationenkonflikt. Mit der inständigen Bemühung, meine Großeltern nicht für ihre Verhaltensweise zu verurteilen. 
Vielleicht gelingt mir das ja eines Tages besser als heute Abend.  





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Im Anhang nun noch den August-Soundtrack; Ein Song, den ich gerade über alles liebe.
Und der sogar auch irgendwie - wenn auch eigentlich nicht beabsichtigt - zum Thema passt. 
Oder zumindest kann ich gerade auch meine Gefühlslage diesbezüglich ein Stück weit in diesen Song hineieninterpretieren:

Ingrid Michaelson - Turn to stone


Dienstag, 19. Juni 2012

Ready....Fight!

Ja, bitte, das könnt ihr haben.

Heute habe ich gekämpft.
Heute war ich auch mal laut, habe meine Vorzüge angepriesen und mich verkauft.
Denn ich habe es satt, immer zurückzustecken.

Man hat es in dieser Gesellschaft echt nicht leicht, wenn man sich nicht ein gewisses Maß an Rücksichtslosigkeit zulegt.
Ein "gesundes Ego" würde es manch einer nennen. Das "gesund" sei mal so dahingestellt...
"Selbstvermarktung" ....vielleicht sollte man das mal als neues Unterrichtsfach einführen?
Wer keine Ahnung hat....einfach so tun als ob!
 (Ich bin ja eher für "Wer keine Ahnung hat, Fresse halten!", aber auf mich hört ja keiner...)

Aber auch Leute, die tätsächlich mal entsprechend Ahnung und Talent von einer Materie besitzen, tun gut daran, sich im Kokunkerrenzdenken und entsprechendem Handeln zu üben.
Denn sonst wird man entweder auf die sanfte Tour schlichtweg übersehen oder auf die harte Tour einfach überrollt.

Und leider kann ich diese Mentalität aus noch so vielen Gründen noch so scheiße finden....ich komme einfach auch nicht mehr drum rum, meine egoistische Seite etwas mehr zu nähren.


Was ich eigentlich sagen will, was mich eigentlich beschäftigt, ist:
Auf der einen Seite das Gefühl zu haben, (wieder) ein Stück Integrität verloren zu haben.
Und dass mir das nicht passt.
Auf der anderen Seite habe ich heute aber deutlich gespürt, dass mein Kampfgeist mehr als geweckt war. Und dass sich das sogar ziemlich gut anfühlte.



Wie die ganze Sache nun ausgeht, und ob es lohnend war, wird sich zeigen.
Je nach Ausgang wird es wohl definitiv meine Persönlichkeit beeinflussen.
Nur in welche Richtung?
Keine Ahnung...


Freitag, 15. Juni 2012

Vom Kassenklingeln zum Kindersingen oder: Die Kita-Gleichung


Sicher habt ihr es auch schon mitbekommen, den neuesten Streich von „Mama“ von der Leyen: 
die will nämlich Schlecker-Verkäuferinnen zu Erziehern und Altenpfleger umschulen lassen.
(Und „Kindchen“ Schröder steigt begeistert mit ein….ach neee, echt? Pff… -.- )

Ein Thema, dass bei uns im Uni-Forum heiß diskutiert wird, direkt nach dem Betreuungsgeld (tolle Idee, btw….*sarkasmus*)
Und auch die Zeitungen halten sich diesbezüglich nicht mit falscher Bescheidenheit zurück.
Im Prinzip sind, egal wo debattiert wird, zwei Positionen erkennbar:
Diejenigen, die sich aufregen (mehr oder weniger maßlos und zynisch). Eindeutig die Mehrheit und eindeutig zumeist jene aus genannten Berufsgruppen.
Und ein paar vereinzelte Beschwichtiger, die den Aufregern sagen, sie sollen mal nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Eindeutig jene, die nicht aus oben genannten Berufsgruppen stammen.

Ich für meinen Teil hänge momentan noch ein bisschen dazwischen.
Als Erzieherin gehöre ich erster Gruppe an und ich muss auch echt sagen, mein erster Impuls, als ich davon im Radio hörte, war:
"Na toll, danke...ist ja wieder mal sehr wertschätzend gegenüber uns Erziehern..."
So ziemlich unmittelbar darauf dachte ich aber, halt, Moment, man kann auch andersherum nen Schuh draus machen… Ich rege mich schließlich über zu geringe Wertschätzung auf, also sollte ich nicht Selbiges auch tun und mit elitärem Denken von vornherein davon ausgehen,  die Schleckerfrauen seien prinzipiell gar nicht für den Erzieherberuf geeignet.
Was mich in diesem Zwiespalt hält ist ehrlich gesagt Unwissenheit:
Mich würde nämlich mal interessieren, was genau ich mir denn unter „Umschulung“ vorzustellen habe?
Heißt das, dass die Ausbildung so, wie sie gesetzlich vorgegeben ist absolviert wird, sprich 5 Jahre mit allem drum und dran?
Denn dann sehe ich bei der ganzen Sache nicht unbedingt ein Problem, sondern eben für die Betroffenen eine neue Chance.
Oder heißt es, dass die Ausbildung quasi im Crashkurs-Verfahren durchgezogen wird, nach dem "2 Fliegen mit einer Klappe-Prinzip" (die Damen werden nicht arbeitslos und die KiTas bekommen schnellstmöglich ihre "Fachkräfte")... ?
Ich tippe mal stark auf Letzteres und setze daher “Fachkräfte“ ganz  bewusst in Anführungszeichen, denn wenn die ganze Sache tatsächlich nach diesem Hopplahopp-Verfahren stattfindet, dürfen sich die Umgeschulten eben so nicht nennen, sondern lediglich „Hilfskräfte“.
Tja und die…will kaum einer mehr. Denn schließlich werden ja die Anforderungen immer höher, Erziehung ist nicht (mehr) einfach nur Beaufsichtigung, es ist zu einem großen Teil Bildungsauftrag. Und dazu brauchen wir entsprechend qualifiziertes Personal.
Der Schuss ginge also doch so eindeutig für beide Parteien nach hinten los, sowohl für die Schlecker-Damen als auch für die KiTas.
Wo ist da also der Sinn, fragt man sich…

Womit wir beim, meiner Meinung nach, eigentlichen Thema dieser ganzen Farce wären:
Nicht die Frage nach der Eignung oder Nicht-Eignung von Schleckerverkäufern für soziale Berufe steht hier primär zur Debatte.
Vielmehr ist dadurch mal wieder das explosive Gemisch aus zwei - inzwischen gefühlt urzeitlichen - sozialkritischen Themen an den Tag getreten:
Zum einen die noch immer generell versäumte Wertschätzung gegenüber dem sozialen Berufsbereich, trotz besagter Anforderungsveränderungen.
Und zum anderen das ironische Pendant dazu: Der steigende Bedarf eben jener, „besser qualifizierter“ Fachkräfte.

Die Gleichung unserer Politiker, die hierzu immer errechnet wird, scheint denkbar einfach:
höhere Anforderung = höhere Qualifikation (à und wer höhere Qualifikationen besitzt, bekommt auch höhere Anerkennung, in Gehalt wie auch gesellschaftlicher Position).
Logisch, oder?
Von wegen!
Warum zum Kuckuck sollte dieses Problem durch höhere Qualifikation zu lösen sein, sprich z.B. Erzieherausbildung nur noch mit Abitur?!
Gerade in den sozialen Berufen sagt diese Art von Bildung keinen Meter etwas über die Eignung aus und ich bin sicher, es würden verdammt viele gute Fachkräfte verloren gehen, nur weil sie ihr Abitur nicht haben.
Und die Erzieherausbildung an sich ist abgesehen davon alles andere als anspruchslos, das sollte man auch mal mit einschieben…
Die Qualität steht also meiner Meinung nach hier nicht zur Debatte, weil es darüber nichts zu debattieren gibt!
In diesem Fall ist es tatsächlich mal die Quantität, an der gearbeitet werden muss.
Denn vielmehr sollte bei der ganzen Geschichte der Bedarf dahingehend abgedeckt werden, dass mehr Fachkräfte eingesetzt werden, so dass sich die Arbeit besser aufteilt.

Oh halt, da war doch was…richtig, der Fachkräftemangel…hm, wie könnte man den wohl lösen? Hier wär ne Idee: mehr Wertschätzung! Den Beruf attraktiv machen!  
Bei den meisten Leuten scheint ja auch heute, selbst mit dem ganzen Bildungs-Hype der dieses Land überrollt, noch immer die Erzieherin nicht in eben diese Sparte einsortiert worden zu sein. Stattdsessen sitzt sie in den Vorstellungen vieler Köpfe mit der Kaffeetasse gemütlich in einem Haufen friedlich spielender Kinder und macht sich nen schönen Nachmittag.
 Aber selbst für jene, die dieses verklärte Bild nicht hegen, hier die Frage:
Wie soll denn eine Erzieherin bitteschön ihren Erziehungs- und Bildungsauftrag in vollem Umfang erfüllen, wenn sie zusätzlich hier noch ein Elterngespräche hat, da eine Fortbildung, da die Entwicklungsbögen, dort was für die Öffentlichkeitsarbeit, da das Protokoll für die Teamsitzung....und zu allem Überfluss wahrscheinlich die Kollegin noch ausfällt und sie sich den halben Tag alleine um 25 Kinder kümmern muss, von denen eines weint, das andere gewickelt werden muss und das dritte schon ewig darauf wartet, dass es vorgelesen bekommt...und dann fällt mangels Personal die Vorschulförderung aus und es gibt Beschwerden von den Eltern…
Ich könnte das endlos fortsetzen, nur um zeigen, dass die PÄDAGOGISCHE Fachkraft, vielleicht gerade mal die Hälfte ihrer Zeit und Kraft für eben jenes Feld aufzubringen vermag, nur weil der Rahmen total aus den Fugen geraten ist…
Unterm Strich ist es immer zuviel Anforderung bei zu wenigen Leuten.
Und nicht zu viel Anforderung bei zu geringer Qualifikation.
Denn auch ein 1er-Abiturient kann sich nicht fünfteilen.


Tja, liebe Politiker, ich denke mal, da wäre eine neue Gleichung fällig…
Hey, wie wäre es damit:

Schlecker-Frauen vor Arbeitslosigkeit bewahren = Umschulung zum Politiker!

Dienstag, 15. Mai 2012

"Die Kinder sind unsere Zukunft"

Wer hat diesen schlauen Satz eigentlich mal gesagt?
Und vor allem: Wie war er gemein?
Wurde er von einem Menschen gesagt, der voll positivem Vertrauen auf die neue Generation setzte? In welcher Ära könnte das wohl gewesen sein?
Oder stammt er von jemandem, der eine eher düstere Zukunftsprognose mit diesem Satz bekundete, weil ihm "die Jugend von Heute" alles andere als vielversprechend erschien?
Würde dieser Mensch in unserer heutigen Zeit leben - und mal angenommen er besäße das, was man jetzt mal gemeinhin als "bei klarem Verstand" bezeichnet - würde er jenen Satz vermutlich unter der Prämisse des Letzteren äußern, mit einem dringlichen Plädoyer für Ersteres verbunden.
So jedenfalls würde ich den Satz aussprechen.

Seit Wochen finde ich mich in einer Welt wieder, die - so scheint es - kinderfeindlicher nicht sein könnte und die sich offensichtlich zum Ziel gesetzt hat, sich selbst systematisch zu zerstören.

1. Beispiel: Ich las einen Artikel über "DSDS-Kids"....und dachte mir nur "Geht's noch?"
Schlimm genug, dass es diese Schwachsinns-Formate an sich in zunehmender Fülle gibt, und jetzt auch noch das...Klaaa, liebe Eltern, die ihr eure Kinder dort hinschickt, bitte schön, präsentiert sie auf einem Silbertablett damit andere über sie urteilen. Führt euer 5-jähriges Kind vor wie ein kleines Showäffchen im Zirkus, setzt es Millionen von Augenpaaren aus, die darüber urteilen, wie gut oder schlecht es ist und denkt nicht mal im Traum daran, dass ein 5-Jähriger die mögliche Ablehnung auf sich selbst als Person bezieht und nicht auf seine Leistung, weil es noch gar nicht die psychische Stärke und emotionale Reife besitzt, dazwischen zu unterscheiden.
Außerdem, was heißt hier Leistung? Das Einzige, was ein Kind in diesem Alter leisten sollte, ist die Erfahrung zu machen, das der Bauklotzturm besser hält, wenn er unten breiter ist als oben. Er sollte Erfolge feiern, wenn er die Erwachsenen mal wieder gnadenlos bei Memory abzockt. Er sollte die Welt entdecken dürfen, geführt von liebevoller Hand und gemeinsam mit anderen Kindern.
Und klar, bitte unterstützt eure 13-jährige Tochter in ihrer verblendeten Vorstellung, ein gefeierter Popstar in einer Glitzerwelt zu sein, wo sie gerade erst damit begonnen hat, mit der echten Welt konfrontiert zu werden und damit weiß Gott genug Probleme hat, geschweige denn mit sich selbst.
Ist ja auch einfacher, sie auf 'ne Bühne zu schmeißen anstatt die überaus anstrengende Aufgabe zu übernehmen, den sensiblem Teenager für eine Welt zu stärken, die nicht immer fair ist, und ihr gleichzeitig klar zu machen, dass sie aber auch so viel Schönes bietet.

2.Beispiel: Ich sah einen Bericht bei Spiegel-TV oder so....über Knigge-Kurse für Kinder.
Das gnadenlos andere Extrem als die DSDS-Scheiße. High-Society-Eltern geben ihre Kids in die Obhut einer pinkfarbenen Trulla, die ihnen Benimm und Anstand bei Tisch und in feiner Gesellschaft beibringen soll.
Ich bin die Letzte, die nicht für gute Manieren plädieren würde, aber muss  ein Kind mit 5 verschiedenen Gabeln umgehen können? Wozu muss ein KIND lernen, wie man eine Tischansprache hält? Wozu muss ein Kind sich benehmen wie ein geziertes Püppchen?
Verdammt, das Kind sollte halt lernen, ordentlich mit Messer und Gabel zu essen, nicht schmatzen und zu rülpsen und sich am Tisch nicht hinzulümmeln wie auf der Couch. Und dazu sollte man als Eltern auch nicht zu bequem sein, dass nicht selbst bewerkstelligen zu können. Aber wir sind ja Topmanger/Geschäftsfrauen etc., die sowieso nur Kinder haben, damit sie das Familienunternehmen mal weiterführen können und damit wir in den besseren Kreisen mit ihnen angeben können...und da wir so tolle, hochbeschäftigte Leute sind, haben wir natürlich keine Zeit, um unseren Kindern elementarste Verhaltensweisen beizubringen. Aber wir haben Geld. Und deshalb kommt die pinkfarbenen Tante und macht das für uns....argh, ätzend!

3. Beispiel: ...sind eigentlich viele Beispiele aus meinem täglichen Arbeitsleben.
Bei manchen Kindern (und das werden immer mehr) beißt du dir einfach die Zähne aus, sei es bezogen auf das Sozialverhalten, auf den Umgang mit Erwachsenen (respektlos ohne Ende), auf die Anfertigung der Hausaufgaben, auf die emotionale Reife....da kann man sich schon ein Bild machen, wie es Zuhause aussieht und was für viele arme Schweine es unter den Kindern heutzutage gibt.
Und die unzähligen Konfrontationen und Rahmenbedingungen von außen machen es nicht gerade leicht bzw. manchmal sogar schlichtweg unmöglich, so arbeiten zu können dass sich an diesen Defiziten mal was ändern könnte. Und gleichzeitig wird genau das verlangt. Eltern sind überfordert (teilweise selbstverschuldet, teilweise auch durch dieses gesellschaftliche Mühlrad bedingt) und denken, dass Lehrer und Erzieher ihnen alles abnehmen und es schon irgendwie richten werden. Sind ja schließlich Fachleute. Und wenn gar nichts mehr geht, bekommt das Kind halt Tabletten. ADHS, ist doch ganz klar....
Unsere Gesellschaft schreit "Bildung" und die Kinder werden durchs Gymnasium geprügelt. Pädagogen schreien "lasst den Kindern mehr Freiraum" und verankern in ihren Konzepten aber tausende Vorschriften für die Freizeitgestaltung und rühmen sich dann doch vornehmlich mit der Hausaufgabenbetreuung....
Gerstern laufe ich draußen meine Runde und werde von einem Lehrer angeschnautzt, dass das so nicht weiter geht, die Kinder seien zu laut, bald gibt es Probleme mit der Nachbarschaft und außerdem hätte wir die Kinder doch nie alle im Blick, wenn die sich übers ganze Schulgelände vertreilen....aber klar, bitte gerne, ich kann die Kinder ja auch in ihrem Stündchen Freizeit, dass sie Mittags haben, einsperren. Und im Außenbereich, soll ich sie vielleicht lieber anketten, damit sie bloß nicht zu weit weg laufen und ich die 11-15 Jährigen Kids auch immer schön im Auge habe, wie die 3-jährigen Kleinkinder? Aber klar, kein Problem.....sind ja nur Kinder.....


...sind ja nur Kinder....Und so frage ich mich, was Kinder in der heutigen Gesellschaft eigentlich noch zählen? An Hand solcher Beispiele doch nicht mehr als Vorzeigepüppchen und Rentenversicherungen. Im Besten Fall. Und im Schlimmsten....zählen sie scheinbar gar nichts.
Arme Kinder. Arme Welt. Arme Zukunft.



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Und ich?
Ich frage mich natürlich auch, wo ich bei der ganzen Sache bleibe.
Wo bleibt mein Leben, dass an diese Welt gebunden ist?
Oder besser: Was kann ich von einem Leben erwarten, das an eine Welt stattfindet, von der ich so langsam nichts mehr erwarte?
Werde ich auf ewig einen Kampf gegen Windmühlen führen?
Und wenn ja, werde ich ihn durchhalten? Werden die kleinen Erfolge, die immer seltener zu werden scheinen genügen, um weiter zu machen, immer weiter?
"Die Kinder sind unsere Zukunft."
Und die gestalten wir alle mit....

Samstag, 11. Februar 2012

EIGENSINN MACHT SPASS  (Hermann Hesse)

 

Verdammt nochmal, ja, so ist es!
Aber kaum einer tut es.
Kaum einer traut sich.
Denn wir sind konform. Wir sind anpassungsfähig.
Oder besser gesagt: Wir unterliegen dem Anpassungszwang.
Ständig, täglich, immer wieder.

Ich sage nicht, dass jeder tun und lassen soll, was er will.
Denn das wäre pures Chaos.
Aber ich sage, dass jeder, verdammt nochmal, das verfluchte Recht hat, er selbst zu sein!
Denn das wäre pure Ehrlichkeit.

Warum nur dürfen wir das so oft nicht zeigen, nicht leben?!
Warum schaffen wir uns selbst ein Leben voller Grenzen?
Das macht diejenigen, die es wagen, sie zu überschreiten zu Helden.
Und alle anderen macht es zu Feiglingen oder Mitläufern.

Was für einen Sinn macht das?
Doch nur den, noch eine weitere Kategorie zu schaffen, in die wir uns dann einpassen können.
Oder eben nicht.
Das ist so unendlich sinnlos...

Ich will aber Sinn!
Ich will EIGENSINN!













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Ich liebe Hermann Hesse.
Nicht nur für diesen Satz --> nochmal ein kleiner Buchtip am Rande: "Demian"
Auch so ein Buch, dass ich schön öfter gelesen habe...