Freitag, 19. Juli 2013

Rund um's geschriebene Wort II

Heute möchte ich keine Bücher empfehlen. Ich möchte nicht die Worte anderer resümieren, rezitieren oder dergleichen. Es soll um nichts Inhaltliches gehen. Sondern um das geschriebene Wort an sich, und welche Macht es besitzt.

"Ich brauche nichts als ein Stück Papier und ein Schreibwerkzeug, und ich werde die Welt aus den Angeln heben" (Friedrich Nietzsche)

Wie recht er doch hat. Aber wo Herr Nietzsche dies wohl im nur denkbar positivsten Sinne gemeint hat, möchte ich über die negative Seite dieser Macht schreiben.
Das geschriebene Wort kann unheimlich verletzend sein. Es hinterlässt Spuren, die das gesprochene Wort nicht mal ansatzweise zeichnen könnte.
Wenn dir jemand gegenüber steht und dir Unschönes mitten ins Gesicht sagt, dann ist das hart. Aber es ist auch vergänglich und vor allem dynamisch. Ein Streit von Angesicht zu Angesicht, eine Diskussion, die aus dem Ruder läuft...all das sind Worte, die nur für Sekunden in der Luft liegen und auf die reagiert werden kann, die in gleicher oder einlenkender Weise erwiedert werden können. Sie sind nicht mehr als ein mehr oder minder harter Schlagabtausch, bei dem ein absehbares Ende in Sicht ist.
Aber das geschriebene Wort ist für die Ewigkeit und statisch. Allein dieser Anblick von Schwarz auf Weiß macht es erbarmungslos, macht es so machtvoll, dass es sich in Augen und Seele brennt. Selbst wenn man das Papier, auf dem es steht vernichtet, sein Anblick bleibt in Erinnerung, seine Wirkung erhalten. Weil man nicht die Chance bekommt, darauf zu reagieren.
Eine geschriebene Antwort, ein schriftlicher Wiederspruch ist nicht das Selbe wie eine mündliche Erwiederung, die posthum erfolgen kann. Denn in der Zeit, in der man die schriftliche Antwort verfasst, nimmt das geschriebene Wort seinen Raum in den eigenen Gedanken und Gefühlen ein, mit dem Bestreben, dich von innen heraus zu vernichten. Man schreibt und kämpft zugleich, was sich auf die eigene Erwiederung auswirkt und sie in einer Weise verfälscht, so dass am Ende nicht mehr bleibt als eine wütende, trostlose Anklage ohne jeglichen Inhalt. Sie wird nicht im Mindesten das ausdrücken, was man eigentlich sagen möchte und wird dem Empfänger entweder eine vernichtende Genugtuung verschaffen - oder ihn in ähnlicher Weise verletzen.
Und dann geht das Ganze von vorne los, geht immer weiter, bis einer oder beide keine Kraft mehr haben.



Das geschriebene Wort kann zerstörerische sein. Seit vorsichtig mit den Worten, die ihr zu Papier bringt...

2 Kommentare:

  1. Hm...ich überlege gerade, ob ich es für mich auch so empfinde. Da ich eher Schwierigkeiten habe, auf Gesagtes angemessen zu reagieren, denke ich, bei mir ist es anders. Ich habe mehr "Angst" vor dem, was mir jemand ins Gesicht sagen könnte, weil ich jemand bin, der Zeit zum Reagieren braucht - und genau das bietet mir das geschriebene Wort. Da fühle ich mich wohler, mehr zu Hause. Schreiben ist okay, ist nicht so direkt, zwingt nicht zu sekundenschneller Re-Aktion, und das genieße ich sehr und deshalb tut mir das Geschriebene auch nicht so sehr weh.
    Dennoch glaube ich zu wissen, was du meinst.
    Wirklich ein paar nachdenklich machende Gedanken.
    Danke fürs Teilen und liebe Grüße!
    Meike

    AntwortenLöschen
  2. Hi Meike,

    mir geht es in sofern nicht anders...ich denke viele Leute haben ganz oft die Situation, dass man sich nach einem Streit oder so denkt, "scheiße, DAS hätte ich sagen müssen, warum fällt mir das erst jetzt ein?!"

    Dass ich schlussendlich aber auch so empfinde, wie ich es oben schrieb, fiel mir auch erst jetzt auf, aus gegebenem Anlass halt...und es hat mich an ähnliche vergangene Situationen erinnert, bei denen es nicht minder schmerzhaft war und mir ist jetzt erst bewusst geworden, dass die Schreiberei in dem Sinne vieles komplizierter macht, schon alleine deswegen, weil man sich viel intensiver und bewusster damit befasst, denk ich...
    Aber prinzipiell kann ich wirklich gut verstehen, was du meinst.

    Danke für deinen Comment :)
    LG

    AntwortenLöschen