Montag, 23. Februar 2015

Crashboombang

Audi kollidiert mit Fiat


...der Fiat war ich.
Neun Jahre unfallfrei und dann der Totalcrash. Zumindest für's Auto, das ist Schrott. Und in Anbetracht dessen bin ich glücklicherweise relativ wenig geschrottet (sonst würd ich ja jetzt hier auch nicht tippen). Bei meiner Unfallgegnerin sieht die Bilanz genauso aus. Glück gehabt, kann man da wirklich nur sagen... besser Blech als Knochen. Oder gar noch Schlimmeres...

Prellungen und Schleudertrauma werden heilen und auch der Schock, der noch in den Knochen, oder besser gesagt im Gedächtnis sitzt, wird vergehen. Aber ist schon strange, wie man diese, nur aus wenigen Sekunden bestehende Szene, immer wieder vor Augen hat. Aus dem Augenwinkel heraus sehe ich das Auto auf mich zuschießen... aber für irgendeine Reaktion blieb keine Zeit, da knallte es schon. Und zwar richtig. Die Airbags lösten aus, dann Rauch überall.
Eine Frau öffnete meine Wagentür und holte mich raus, sprach beruhigen auf mich ein, da ich hyperventilierte. Sie rief die Polizei und den Rettungsdienst. Irgendjemand fragte mich, wen sie anrufen solle. Papa... sie nahm mir mein Handy aus der Hand. Wieder eine andere brachte mich von meinem Wagen in ihren am Straßenrand. Ich hatte doch grün....ja, wir hatten grün, bestätigt sie. Krankenwagen. Ich bekomme viele Fragen gestellt. Schmerzen? Ja, Bein...Knöchel... Auf einmal ist meine Mutter da. Und gleich wieder weg. Sie muss die Fragen der Polizei beantworten und auf meinen Vater warten, der in Ermangelung eines Autos gerade durch die halbe Stadt rennt... sie kommen mich später holen.
Eine Stunde lang liege ich im Flur der Notaufnahme. Niemand kommt, meine Eltern nicht, der Arzt nicht. Tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf obwohl er sich gleichzeitig leer anfühlt... Dann wieder Fragen, Röntgen, ein Verband, irgendwelcher Schriftkram, dann kann ich gehen. Meine Eltern kommen gerade rein als ich rauskomme. Und dann muss ich erst mal eine runde Heulen...

Es ist mir herzlich egal, dass ich nächste Woche bereits 28 werde. In diesem Moment bin ich einfach nur froh, dass mein Papa mich in den Arm nimmt.... Dass meine Eltern zur Stelle sind und mich mit nach Hause nehmen. Dass ich Freunde habe, die sofort schreiben, anrufen oder auf der Türschwelle stehen, als sie am nächsten Tag vom Unfall erfahren. Dass ich ziemliches Glück gehabt habe, was ich genauso wie die Schmerzen erst am darauffolgenden Tag richtig registriere...

Und dennoch... registriert und empfindet man auch noch andere Dinge als die Dankbarkeit, mit dem Schrecken davon gekommen zu sein...
Das "Was-wäre-gewesen-wenn"-Denkkarussell bleibt nicht aus. Ich will ja jetzt nicht unnötig die Dinge überdramatisieren, es ist ja wie gesagt soweit alles gut. Aber irgendwie stellt man sich selbst doch die ein oder andere Frage das eigene Leben betreffend... und auch Menschen betreffend, die zu deinem Leben gehören oder gehörten... Man fragt sich, ob man gewisse Situationen so belassen sollte, wie sie sind. Man fragt sich, wie viel man jemandem wert ist. Man fragt sich, ob man zu viel oder zu wenig Zeit und Energie auf so manches verwendet hat... ob man das Richtige oder das Flasche getan hat und tut... und ob man nun den Mut hat, Dinge zu überdenken und ggf. zu ändern...

6 Kommentare:

  1. Ein Glück, dass Dir nichts richtig Schlimmes passiert ist, ist so ja auch schon schlimm genug. Die Bilder sehen heftig aus. (Ich kann mir so was kaum angucken, mein Bruder ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.)
    Eine Stunde im Flur der Notaufnahme zu liegen, ist ja auch "toll". Die Gesundheitspolitik schafft es schon noch, unser Gesundheitswesen zu schrotten. Man scheint auf einem "guten" Weg zu sein...
    Liebe Grüße und mögen die Grübeleien, die so etwas nach sich zieht, fruchtbar sein...

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  2. ...oh Mann... es tut mir sehr leid, dass mein Post eine so schlimme Erinnerung bei dir wach gerufen hat... ich drück dich mal...

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  3. Die Bilder werden Dich aber sicher wieder verlassen; ich saß schon dreimal in einem Unfallauto (und auf einem Motorrad), wo es heftig krachte. Und wenn man nicht selbst fährt, ist es garantiert nicht besser ;) Und die vielen Beinaheunfälle ... naja, früher bin ich eben sehr viel gefahren. Also, diese Bilder vergisst Du, den Unfall selbst natürlich nicht. Und es hatte ja auch Gutes: Du hast erkannt, wie wichtig das Leben ist - und dass Du Freunde hast. Und Eltern, auf die verlass ist und die Dich lieben. Wow - so viele gute Dinge können aus einem doofen Unfall resultieren. Über unser verkommenes Gesundheitssystem schreibe ich mal lieber nichts. Wichtig ist, dass es Dir gut geht (den Umständen entsprechend). Fühl Dich geknuddelt *gaaanz vorsichtig* und herzliche Grüße,
    Ralph

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    1. Dankeschön, lieber Ralph :)
      Ja klar, die Bilder werden auch wieder verblassen und hoffentlich werd ich nun auch nicht jedesmal bei einer Linksabbiegerspur daran erinnert. Und letztlich ist es, wie du sagtest, es hat trotz allem auch Gutes verdeutlicht und der Gedanke "Schwein gehabt, weiter geht's" überwiegt die eher unschönen Gedankengänge.
      Über das Gesundheitssystem sollten wir lieber wirklich nicht zu diskutieren anfangen...*grmml*... muss jetzt gleich nochmal zum Arzt und "freue" mich wahnsinnig auf irrationale Wartezeiten... Aber beim Hausarzt ist das nochmal was anderes als in der Notaufnahme... whatever, bringt ja auch nix, sich drüber aufzuregen.

      Liebe Grüße zurück :)

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  4. wie gut, dass nicht mehr passiert ist!! ich habe großen respekt vor dem autofahren, es kann so schnell gehen (wenn, dann geht es immer schnell) und die wenigsten sind sich dessen bewusst.
    ich hatte - in einer allerdings glücklicherweise weniger dramatischen situation, also ohne airbags, totalschaden (wenn auch nur knapp) und krankenhaus - einen sehr ähnlichen moment.

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