Wer hat diesen schlauen Satz eigentlich mal gesagt?
Und vor allem: Wie war er gemein?
Wurde er von einem Menschen gesagt, der voll positivem Vertrauen auf die neue Generation setzte? In welcher Ära könnte das wohl gewesen sein?
Oder stammt er von jemandem, der eine eher düstere Zukunftsprognose mit diesem Satz bekundete, weil ihm "die Jugend von Heute" alles andere als vielversprechend erschien?
Würde dieser Mensch in unserer heutigen Zeit leben - und mal angenommen er besäße das, was man jetzt mal gemeinhin als "bei klarem Verstand" bezeichnet - würde er jenen Satz vermutlich unter der Prämisse des Letzteren äußern, mit einem dringlichen Plädoyer für Ersteres verbunden.
So jedenfalls würde ich den Satz aussprechen.
Seit Wochen finde ich mich in einer Welt wieder, die - so scheint es - kinderfeindlicher nicht sein könnte und die sich offensichtlich zum Ziel gesetzt hat, sich selbst systematisch zu zerstören.
1. Beispiel: Ich las einen Artikel über "DSDS-Kids"....und dachte mir nur "Geht's noch?"
Schlimm genug, dass es diese Schwachsinns-Formate an sich in zunehmender Fülle gibt, und jetzt auch noch das...Klaaa, liebe Eltern, die ihr eure Kinder dort hinschickt, bitte schön, präsentiert sie auf einem Silbertablett damit andere über sie urteilen. Führt euer 5-jähriges Kind vor wie ein kleines Showäffchen im Zirkus, setzt es Millionen von Augenpaaren aus, die darüber urteilen, wie gut oder schlecht es ist und denkt nicht mal im Traum daran, dass ein 5-Jähriger die mögliche Ablehnung auf sich selbst als Person bezieht und nicht auf seine Leistung, weil es noch gar nicht die psychische Stärke und emotionale Reife besitzt, dazwischen zu unterscheiden.
Außerdem, was heißt hier Leistung? Das Einzige, was ein Kind in diesem Alter leisten sollte, ist die Erfahrung zu machen, das der Bauklotzturm besser hält, wenn er unten breiter ist als oben. Er sollte Erfolge feiern, wenn er die Erwachsenen mal wieder gnadenlos bei Memory abzockt. Er sollte die Welt entdecken dürfen, geführt von liebevoller Hand und gemeinsam mit anderen Kindern.
Und klar, bitte unterstützt eure 13-jährige Tochter in ihrer verblendeten Vorstellung, ein gefeierter Popstar in einer Glitzerwelt zu sein, wo sie gerade erst damit begonnen hat, mit der echten Welt konfrontiert zu werden und damit weiß Gott genug Probleme hat, geschweige denn mit sich selbst.
Ist ja auch einfacher, sie auf 'ne Bühne zu schmeißen anstatt die überaus anstrengende Aufgabe zu übernehmen, den sensiblem Teenager für eine Welt zu stärken, die nicht immer fair ist, und ihr gleichzeitig klar zu machen, dass sie aber auch so viel Schönes bietet.
2.Beispiel: Ich sah einen Bericht bei Spiegel-TV oder so....über Knigge-Kurse für Kinder.
Das gnadenlos andere Extrem als die DSDS-Scheiße. High-Society-Eltern geben ihre Kids in die Obhut einer pinkfarbenen Trulla, die ihnen Benimm und Anstand bei Tisch und in feiner Gesellschaft beibringen soll.
Ich bin die Letzte, die nicht für gute Manieren plädieren würde, aber muss ein Kind mit 5 verschiedenen Gabeln umgehen können? Wozu muss ein KIND lernen, wie man eine Tischansprache hält? Wozu muss ein Kind sich benehmen wie ein geziertes Püppchen?
Verdammt, das Kind sollte halt lernen, ordentlich mit Messer und Gabel zu essen, nicht schmatzen und zu rülpsen und sich am Tisch nicht hinzulümmeln wie auf der Couch. Und dazu sollte man als Eltern auch nicht zu bequem sein, dass nicht selbst bewerkstelligen zu können. Aber wir sind ja Topmanger/Geschäftsfrauen etc., die sowieso nur Kinder haben, damit sie das Familienunternehmen mal weiterführen können und damit wir in den besseren Kreisen mit ihnen angeben können...und da wir so tolle, hochbeschäftigte Leute sind, haben wir natürlich keine Zeit, um unseren Kindern elementarste Verhaltensweisen beizubringen. Aber wir haben Geld. Und deshalb kommt die pinkfarbenen Tante und macht das für uns....argh, ätzend!
3. Beispiel: ...sind eigentlich viele Beispiele aus meinem täglichen Arbeitsleben.
Bei manchen Kindern (und das werden immer mehr) beißt du dir einfach die Zähne aus, sei es bezogen auf das Sozialverhalten, auf den Umgang mit Erwachsenen (respektlos ohne Ende), auf die Anfertigung der Hausaufgaben, auf die emotionale Reife....da kann man sich schon ein Bild machen, wie es Zuhause aussieht und was für viele arme Schweine es unter den Kindern heutzutage gibt.
Und die unzähligen Konfrontationen und Rahmenbedingungen von außen machen es nicht gerade leicht bzw. manchmal sogar schlichtweg unmöglich, so arbeiten zu können dass sich an diesen Defiziten mal was ändern könnte. Und gleichzeitig wird genau das verlangt. Eltern sind überfordert (teilweise selbstverschuldet, teilweise auch durch dieses gesellschaftliche Mühlrad bedingt) und denken, dass Lehrer und Erzieher ihnen alles abnehmen und es schon irgendwie richten werden. Sind ja schließlich Fachleute. Und wenn gar nichts mehr geht, bekommt das Kind halt Tabletten. ADHS, ist doch ganz klar....
Unsere Gesellschaft schreit "Bildung" und die Kinder werden durchs Gymnasium geprügelt. Pädagogen schreien "lasst den Kindern mehr Freiraum" und verankern in ihren Konzepten aber tausende Vorschriften für die Freizeitgestaltung und rühmen sich dann doch vornehmlich mit der Hausaufgabenbetreuung....
Gerstern laufe ich draußen meine Runde und werde von einem Lehrer angeschnautzt, dass das so nicht weiter geht, die Kinder seien zu laut, bald gibt es Probleme mit der Nachbarschaft und außerdem hätte wir die Kinder doch nie alle im Blick, wenn die sich übers ganze Schulgelände vertreilen....aber klar, bitte gerne, ich kann die Kinder ja auch in ihrem Stündchen Freizeit, dass sie Mittags haben, einsperren. Und im Außenbereich, soll ich sie vielleicht lieber anketten, damit sie bloß nicht zu weit weg laufen und ich die 11-15 Jährigen Kids auch immer schön im Auge habe, wie die 3-jährigen Kleinkinder? Aber klar, kein Problem.....sind ja nur Kinder.....
...sind ja nur Kinder....Und so frage ich mich, was Kinder in der heutigen Gesellschaft eigentlich noch zählen? An Hand solcher Beispiele doch nicht mehr als Vorzeigepüppchen und Rentenversicherungen. Im Besten Fall. Und im Schlimmsten....zählen sie scheinbar gar nichts.
Arme Kinder. Arme Welt. Arme Zukunft.
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Und ich?
Ich frage mich natürlich auch, wo ich bei der ganzen Sache bleibe.
Wo bleibt mein Leben, dass an diese Welt gebunden ist?
Oder besser: Was kann ich von einem Leben erwarten, das an eine Welt stattfindet, von der ich so langsam nichts mehr erwarte?
Werde ich auf ewig einen Kampf gegen Windmühlen führen?
Und wenn ja, werde ich ihn durchhalten? Werden die kleinen Erfolge, die immer seltener zu werden scheinen genügen, um weiter zu machen, immer weiter?
"Die Kinder sind unsere Zukunft."
Und die gestalten wir alle mit....
"Ich glaube, Ihr Kind hat ADHS!!" - "Nein die hat nur sehr viel Energie und Entdeckungswillen!!"
AntwortenLöschen"Du solltes mal mit der Kleinen zum Logopäden. Die Spricht ja nix!!" - "Die lässt sich halt Zeit und VERDAMMT NOCH MAL die ist nicht geistig zurückgeblieben red mit ihr Ordentlich. Dann lernt sie es auch!!!"
"Waaas du lässt die sooo raus (es regnet)! - Japp, es gibt Regenjacken-, Hosen und so eine tolle Erfindung namens GUMMISTIEFEL!!!
Du muss.....
ACH LECKT MICH DOCH ALLE MAL KREUZWEISE!!!!!
Mein Kind sagt Danke und Bitte und kann sich auch benehmen. Selbst das sagen die anderen Leute!!!
Und ich brauche bestimmt keine Super Trulla die meinem Kind Tischreden beibringt!!!!
Ich habe mein Kind, bis jetzt, doch recht gut erzogen und das gebe ich auch nicht aus der Hand. Auch wenn sie in den Kindergarten kommt!!!
Ach Annilein, weißt du...ich hab ja keine eigenen Kinder, sehe das alles halt aus ner anderen Perspektive und ich zweifle keineswegs daran, dass es verdammt nochmal nicht leicht ist, ein Kind groß zu ziehen (besonders in unserer heutigen Gesellschaft). Aber Mamas wie du oder auch unsere eigenen Mütter sind doch der Beweis, dass es geht!
AntwortenLöschenManche Eltern hätten besser nie solche werden sollen und die, die "das Zeug dazu haben", gehören besser unterstützt.
Und ich wiederum kann bei diesen ganzen Rahmenbedingungen nur geringfügig unterstützen...
Ach, das regt mich alles so auf!
Was mir zum Thema "Jugend von Heute und nicht vielversprechend" einfällt ist eine Aussage, die wohl von Sokrates kam: „Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer.“ Scheint so, als hätten die Älteren noch nie viel von der nächsten Generation gehalten... :)
AntwortenLöschenIch denke, dass der Satz "Die Kinder sind unsere Zukunft." vor allem auch uns selbst dazu anhalten sollte, aktiv zu sein. Wir investieren so viel in unsere Zukunft: Wir strengen uns in der Schule an, um später studieren zu können, um einen guten Job zu bekommen, um genug Geld zu verdienen und uns mal ein Haus kaufen zu können oder sowas. Wir geben Geld aus für Weiterbildungen, um bessere Chancen zu haben, investieren in Auslandsaufenthalte, weil die sich so schön im Lebenslauf machen und das alles, um die besten Chancen zu haben in der Zukunft. Genauso sollten wir das auch mit den Kindern machen, wenn wir sie tatsächlich als unsere Zukunft sehen. Nur scheinen nicht viele Leute das mit der richtigen Investition noch hinzubekommen. Hast du ja auch schon gesagt: Da sind auf der einen Seite die Eltern, die wollen das das Kind Karriere macht, die die Knigge-Kurse bezahlen, sicher auch mit den besten Absichten und die, die alles den Professionellen in Schule/Kita überlassen, dem Kind Tabletten geben, weil es ja sicher ADHS hat oder dann die Kinder halt vorm Fernseher parken, weil das nun einmal einfacher ist, als mit ihnen was zu unternehmen, sich Zeit zu nehmen und die Kinder wirklich und auf eine gute Art zu fördern, ohne sie zu unter- oder überfordern.
Ich hab letztes Jahr als Aupair beobachten können, dass Eltern es zum Teil echt nur gut meinen, aber sehr übers Ziel hinausschießen und die Kinder nur überfordern: Eine 10jährige hat kein Leben mehr, wenn sie zweimal die Woche Schwimmtraining hat, am Wochenende Wettkämpfe, einmal die Woche Tanzen, ebenfalls mehrmals die Woche Mathenachhilfe und dann noch mit dem Aupair Englisch üben soll und Hausaufgaben hat und für Tests lernen muss. Wirklich gewundert hat es mich nicht, dass sie eigentlich ständig Kopfschmerzen hatte...
Was ich halt zunehmend feststelle ist, dass dieses ganze System nicht ineinander greift.
AntwortenLöschenKitas und Ganztagsschulen schießen immer mehr aus dem Boden weil es nötig ist. Und warum? Weil die meisten Familien entweder gar nicht mehr mit einem Einkommen auskommen, oder weil die Frauen, die genauso studiert und ihren Berufsweg invenstiert haben wie die Männer, es weder einsehen, dann Zuhause zu bleiben noch es sich richtig leisten können. Sei mal 3 Jahre lang in Elternzeit und versuche dann wieder, ins Berufsleben einzusteigen...würde ich auch nicht wollen, ist ja nur verständlich.
Also gibts Betreuungen. Aber dann haben wir entweder die Eltern, die sich um gar nichts mehr kümmern, weil sie halt denken, sie bekommen alles gemacht und nicht sehen, dass Kitas etc. familienergänzende Einrichtungen sind, nicht familienersetzende! Oder wir haben die, die den Fachleuten ständig auf der Pelle hängen, denen man nichts recht machen kann, die einem kein bisschen Vertrauen entgegenbringen und gleichzeitig nicht mit den Erziehern in den Dialog treten wollen, damit man bei der Erziehung nicht zwei völlig verschiedene Schienen fährt.
In beiden Fällen liegt da eine Überforderung vor, verursacht eben durch all diese gesellschaftlichen Veränderungen. Die klassische traditionelle Familienkonstellation gibts doch kaum noch...
Es passt einfach alles nicht, die Kommunikation fehlt zwischen allen Beteiligten, das richtige Verhältnis zwischen Personaleinsatz/bezahlung und Leistungsforderung fehlt...Wenn sich der gesellschaftliche Rahmen ändert müssen sich auch die Bedingungen ändern, sonst bleibt das ganze immer eher schlecht als recht.
Eigentlich können wir nur hoffen, dass das eine Frage der Zeit ist. Aber andererseits frage ich mich, wer es denn in Angriff nehmen soll, wenn nicht wir?
Ach, du siehst...ich kann mich da endlos aufregen und du hast ja offensichtlich auch schon solche Erfahrungen gemacht.
Das Schlimme ist: Die Leidtragenden sind immer die Kinder. Und die können am allerwenigstens für das alles...
Ein starker Artikel, ein so wichtiges Thema. Hm...Isi, ich glaube du triffst es ziemlich genau, wenn du sagst, dass das ganze System einfach nicht mehr ineinandergreift. Da passt so einiges nicht mehr. Die Menschen, die Erwachsenen, die fühlen sich doch auch so sehr verloren in einem System, das keinen Platz mehr für Liebevolles lässt, in dem es nur noch um Schein geht - und jeder versucht, möglichst gut durchzukommen - und fast alle haben Angst. Das spitzt sich so sehr zu, finde ich. Und dann sind da mittendrin die Kinder, noch so unverfälscht, noch nicht entsprechend "programmiert". Je älter sie werden, desto mehr übernehmen sie all diese Dinge, und es tut manchmal sehr weh, das zu sehen, finde ich.
AntwortenLöschenZum Beispiel "DSDS Kids" und "Knigge" - das sind wirklich sehr extreme Beispiele. Wo bleibt da die Liebe, frage ich mich? Die Liebe zu den Kindern und auch die der Leute zu sich selbst, denn dann würden sie ebenfalls erkennen, dass das, was sie tun, schrecklich ist.
Hmmm...ich mag deinen letzten Satz. Das stimmt. Wir gestalten diese Zukunft alle mit. Es ist wichtig und gut, dass du hier daran erinnerst, finde ich.
Liebe Grüße!
Hi Meike,
AntwortenLöschenja es ist doch auch so: Wir geben die Werte an unsere Kinder weiter...und eben diese stelle ich so langsam in Frage. Leistung, Leistung, Leistung, in jeder Hinsicht. Klar, Leistung ist wichtig, aber es ist nicht alles! Man kann Kinder zu ihrem Besten anhalten, aber man darf sie nicht üerstrapazieren/überfordern oder ihnen dann gar noch das Gefühl geben, sie seien minderwertig, wenn sie dieses und jenes nicht schaffen. Außerdem führt dieses ständige Konkurrenzdenken auch zwangläufig zu zunehmend schlechterem Sozialverhalten.
Ich sage ja nicht, dass das allumgreifend ist, aber es scheint mir immer mehr zu werden und das macht mir Angst...
"Die Kinder sind unsere Zukunft". Dieser Satz ist richtig, aber...
AntwortenLöschenJa, hier kommt Mal wieder ein Aber!
...aber diese Zukunft muss nicht Positiv sein. Wir prägen unsere Kinder. Um es krass zu sagen: Machen wir DSDS-Kinder, ist unsere Zukunft eine Bohlenhölle. Machen wir Bullerbü-Kinder, ist unsere Zukunft ein Lindgrenhimmel.
Ok, auch über Lingren kann man streiten, aber ich wollte es ja krass sagen. ;-)
Jedes Elternteil macht seine eigene Zukunft. Später sagt dein erwachsenes Kind entweder zu Dir: "Krasse Alte, gib mir deine Rente. Ich brauche das neue Facebookspiel!" oder "Mutti, soll ich heute für dich Einkaufen gehen? Du siehst müde aus."
Leider bin ich ein zutiefst negativer Mensch und befürchte das sich die Dummheit schneller vermehrt. Trotzdem ist "Die Kinder sind unsere Zukunft" die Wahrheit. Kommt nur darauf an in welche Richtung wir sie lenken bzw. erziehen.
Hi Nirwanaboy,
AntwortenLöschen...tja....damit hast du den gesamten Post und sämtliche Kommentare dazu so ziemlich treffend kurz und knackig zusammengefasst, wie ich finde ;)
Danke für deinen Beitrag :)