Dienstag, 19. Juni 2007

Ausbrechen

Gang fünf und gleich 180
Schließe die Augen, zähle bis Zehn
Und dann wieder auf
Hey, noch am Leben!
Lenkrad umklammert, hallo, Herzkammern
Und weiter fahrn, bis es nicht mehr geht....
KETTCAR

Eigentlich bist du gerade im Begriff, etwas völlig normales, alltägliches, ja, vielleicht sogar nahezu banales zu tun. Etwas, das du einfach tust, ohne dir irgendwelche Gedanken darüber zu machen.
Z.B. spät Abends deine Freundin nach Hause fahren. Kein Ding, nichts Besonderes.
Ihr setzt euch ins Auto, fahrt los, redet noch ein bisschen und innerhalb von 5 Minuten hast du dein Ziel erreicht. Sie verabschiedet sich, steigt aus und du trittst den logischerweise ebenso kurzen Rückweg an.
Du bist wieder alleine. Und sofort kriechen all die Gedanken aus der hinteren Ecke deines Hirns wieder vor und fahrn Karussell in deinem Kopf....
Auf der Hauptstraße drehst du die Musik ein wenig lauter. Es ist dunkel draußen, ruhig. Nur ab und zu kommt dir noch ein Auto entgegen. Auf einmal überkommt dich die Lust auf ein ganz bestimmtes Lied, dass du, hier im Auto und in der Dunkelheit endlich einmal ungehört und ungesehn laut mitsingen könntest. Du skipst vor. Das Lied läuft. Das Intro dauert lang. Du stellst fest, dass du ja schon fast wieder Zuhause bist. Du hast bereits den Blinker gesetzt.
"Und wenn ich einfach weiter fahre?" In Sekundenbruchteilen entfacht nun ein angeregter Dialog zwischen dir und dir.
"Nein, du musst morgen früh raus. Oder die Eltern könnten sich fragen, wo du bleibst..."
"....scheiß drauf."
Der Blinker hört auf zu blinken. Du fährst an deinem vermeintlichen Ziel vorbei. Weiter. Einfach weiter. Inzwischen ist das Intro vorbei. Du singst. Lauter. Du fährst. Schneller. Die Landstraße ist neblig, nass....du fährst schon recht lange...verpiss dich, Vernunft, lass mich in Ruhe.
Irgendwann wendest du. Immer noch singend. Nach und nach nimmst du die Dinge draußen wieder bewusster wahr. Und dann bist du auch bald schon wieder an der Stelle, wo du wieder den Blinker setzen musst. Aber diesmal ist es ok. In deinem Kopf ist es ruhig.
Du parkst das Auto, gehst ins Haus, in dein Zimmer, und bald ins Bett. Und du weißt, die Schlaflosigkeit der vorhergehenden Nächte wird dir zumindest heute Nacht fern bleiben.

2 Kommentare:

  1. Schöner Text. Ging mir auch schon oft so. Rumfahren mit guter Musik tut gut. Vorübergehend zumindest.

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  2. ... irgendwie freuts mich voll, das der verrückte teil in dir den "angeregten dislog" gewonnen hat. das ist ja wie, wenn du endlich was aussprechen würdest, was du schon viel zu lange verkrampft für dich behältst.
    erleichternd.

    aber, du musst bedenken. ich bin paranoid, irgendwie macht mir das also schon wieder angst.

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