Ich glaube, ich hab vor Kurzem schon mal "angedroht", dass ich mich dringend mal über den Qualitätsunterschied von Serien/Fernsehproduktionen aus Deutschland und solchen aus dem englischsprachigen Raum echauffieren muss.Aus gegebenem Anlass ist mir dies heute wieder eingefallen;
Annilein hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass in wenigen Wochen die britische Mini-Serie "Parade's End" auf Arte anläuft. Diese hab ich mir vor einigen Monaten als UK-Import bestellt, da es zu diesem Zeitpunkt keinerlei Aussichten gab, dass diese Serie synchronisiert und hier zu Lande gezeigt werden würde.
Nun, zum einen fuchst mich das jetzt natürlich ein wenig, da ich mir zwar Serien durchaus gerne im O-Ton ansehe, mir aber natürlich eine DVD mit deutscher UND englischer Fassung auch lieber gewesen wäre (und diese wird es dann Ende Juni geben).
Zum anderen aber kann ich da nur sagen: Na Gott sei Dank!
Wenigstens hat es schlussendlich doch irgendwer gemerkt, dass sich eine Synchronisation für's deutsche Fernsehen lohnt, dass mit solchen und ähnlichen Formaten mal wieder ein Stück gute Unterhaltung in die Wohnzimmer zu bringen ist - denn selbst bekommen wir das ja einfach nicht hin.
Schauen wir uns doch mal an, was das deutsche Fernsehen in Sachen Serien und Fernsehfilm (also solche, die ausschließlich für's Fernsehen, nicht für's Kino gemacht werden) so auf die Reihe bringt:
Da hätten wir allen voran natürlich den Klassiker, denn allsonntäglichen "Tatort".
Hat lange Zeit gut funktioniert, was meiner Meinung nach vor allem dem Umstand zu verdanken war, dass es neben dem eigentlichen Kriminalfall immer amüsante und jeweils charakteristische Spitzen in den Ermittler-Teams gab. Aber aus irgendeinem Grund sind die Storys zunehmend depressiver geworden...und dann hat man schlussendlich auch noch versucht "frischen Wind" in die Sache zu bringen, indem man z.B. auf einemal Til Schweiger im Jack Bauer-Style durch die Landschaft schießen lässt...voll daneben. Denn mal ganz abgesehen davon, dass ich sowieso nicht verstehe, was alle Welt immer mit dem Typ hat, ist beim "Tatort" der Fehler nicht gewesen, dass man ein neues Konzept gebraucht hätte, sondern dass man ein Altbewährtes verändert hat. Schuster, bleib, bei deinen Leisten....
Bei vielen anderen deutschen Formaten hingegen, hätte man aber eben genau das tun sollen: Ein neues Konzept! Weg von diesem offensichtlich typisch deutschen "Entweder-Oder-Prinzip" der Genreneinteilung (entweder ernst oder lustig, entweder was fürs Herz oder zum Nachdenken), hin zu mehr Mut, mehr Kreativität, mehr Abwechslungsreichtum.
Denn was kommt sonst dabei raus?
Weitere Krimi-Serien, die entweder ein Abklatsch vom "Tatort" sind (Polizeiruf 110) oder versuchen, sich mit Special-Effects an amerikanische Serien heranzuschleichen (Cobra 11).
Zweifelhafte Telenovelas, über die ich gar nicht erst sprechen (geschweigedenn sie sehen) will, weil einem die Betitelung schon nichts Gutes verheißt (Verbotene Liebe, Gute Zeiten, schlechte Zeiten, Lindenstraße...).
Und dann natürlich diese ganzen Bergdoktor/Traumschiff/Kloster-Dinger, die bestenfalls für das ältere Semester geeignet sind.
Und auch in Sachen Fernsehfilm sind wir furchtbar eintönig. Das Konzept hierfür: Man nehme ein signifikantes Ereignis der deutschen Geschichte (i.d.R. der 2. Weltkrieg und alles, was auch nur im Entferntesten damit zu tun hat) und erzähle sie aus Sicht "normaler" Personen. Und dann haben wir ca. 20x den selben Einheitsbrei, nur wahlweise ein bisschen anders drapiert (Das Adlon, Die Luftbrücke...)
Ich gebe zu, ich stelle hier die Frage, warum wir so unkreativ und unmutig zu sein scheinen, gänzlich unbeantwortet in den Raum.
Und sicherlich gibt es auch in unserem Land gute Fernsehformate.Aber leider fallen mir dazu nicht wirklich Beispiele ein, weil mir aufgrund oben genannter Produktionen die Lust aufs deutsche Fernsehen irgendwann vergangen ist. Und das kann sehr leicht passieren, wenn man bei den englischsprachigen, allen voran den britischen Produktionen, erst mal Blut geleckt hat.
Während das amerikanische Serienfernsehen schon ein Fortschritt im Vergleich zum Deutschen dahingehend ist, dass einfach irgendwie "mehr passiert", fällt es aber leider auch oft der Übertreibung zum Opfer.
Einmal im Sinne von (wirklich extremer) Unglaubwürdigkeit in der Story (24) und vor allem im Sinne von "es werden so lange weiter Staffeln produziert, bis es echt keine Sau mehr sehen will" (auch 24, Lost).
Was hier immer gut funktioniert ist das Sitcom-Prinzip (Friends, How I met your mother, Big Bang Theory). Da sind die Amis unschlagbar. Und zwischen all den eher für den breiten Geschmack produzierten Serien, die zwar weniger mit Esprit aber mit guter Berieselungsunterhaltung bestechen, kommen sogar ab und an ein wenig ausgefeiltere Formate heraus (The Big C, 30 Rock).
Aber nun zu den Briten, denn die haben's offensichtlich drauf! Einige Beispiele:
Angefangen natürlich bei der vermutlich genialsten Serie aller Zeiten - "Sherlock". Die bietet Krimi, Thriller, Komödie und Drama in einem und ist vermutlich gerade aufgrund dieser Vielfalt so einzigartig.
Dann z.B. oben genannte Serie "Parades End", die vor dem Hintergrund des 1. Weltkrieges die Geschichte eines komplizierten Liebes-Dreiecks entfaltet. Eine zwar sehr ernsthafte, aber dennoch nicht schwer wirkende und gut in Szene gesetzte Geschichte über das Leben dreier Menschen.
Wer gerne Serien zur Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts und zur Thematik der britischen Aristokratie mag, es aber gerne etwas leichtfüßiger möchte, dem sei "Downton Abbey" empfohlen. Auch hier haben wir wieder schön gestaltete Charaktere und eine gute Mischung verschiedener Genren.
Wer lieber Krimi mag, der kann sich mal "Für alle fälle Fitz" zu gemüte führen. Die Serie ist schon einige Zeit her, irgendwann in den 90ern angelaufen, aber gerade deswegen der beweis, dass die Briten nicht erst seit Kurzem gutes Fernsehen machen: Robbie Coltrane als zynischer, trink- und spielsüchtiger Kriminalpsychologe, der gerade aufgrund dieses Antihelden-Images so gut ankommt. Muss man mehr sagen?
Und auch so einige tolle britische Filme habe ich in der letzten Zeit gesehen - allesamt im Originalton, was zwar zum einen förderlich für mein Englisch ist, zum anderen aber die reinste Schande!
Ich bin mir sicher, viele Menschen hier zu Lande wären von ihnen begeistert - aber sie werden einfach nicht synchronisiert und wenn man sie nicht mehr oder weniger zufällig via Internet entdeckt, bleiben sie einem großen Teil der Filmliebhaber verschlossen. Schade!
Ich kann nicht recht sagen, was genau die britischen Serien so gut macht.
Alles in allem zeigen sie wohl einfach mehr Mut zum Experimentieren, zum Genren-Mix und nehmen ihre Charaktere vielleicht auch nicht so furchtbar ernst, so dass sie mehr Spielraum in deren Entfaltung haben - was schon komisch ist, weil den Briten ja gemeinhin das Vorurteil anhaftet, sie seien steif und unlustig. Aber vielleicht weil sie genau mit diesem Klischee selbstironisch spielen, kommen dabei so tolle Charaktere heraus, die uns tolle Storys erzählen.
Wir in Deutschlang hingegen scheinen die uns eigenen Vorurteile, wir seien stets pragmatisch und diszipliniert, in unseren Fernsehproduktionen auch noch zu bekräftigen.
Und ich finde, wenn wir schon nicht in der Lage sind, uns diesbezüglich bei den Briten was abzuguggen, dann sollten wir wenigstens mehr von deren Produktionen synchronisieren und unsere eigener Fernsehlandschaft damit etwas Gutes tun.
Besser was Gutes übernehmen, als schlecht selbst gemacht.
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