Ich hab’s im letzten Post versucht anzusprechen. Es ging
nicht, nicht wirklich.
Dann hab ich’s seinlassen. Dachte, vielleicht legt sich das
alles wieder, dann kann ich mir die Mühe und vor allem die Aufregung sparen.
Es hat sich aber nicht gelegt. „ES“ ist immer noch präsent, schreit mich an aus allen Winkeln.
„Es“ ist der Mensch. An sich und in der Gesellschaft, als
Einzelner und als Kollektiv.
„Es“ ist das
Befremdliche, Unheimliche, das
aber dieser Tage nicht leise schleichend sein Unwesen treibt, sondern wie das
Monster im Kleiderschrank, das wir immer fürchteten, und welches nun
tatsächlich brüllend daraus hervorspringt.
Hm. Eigentlich wollte ich eine andere Metapher verwenden. Dass
ich nun bei dieser gelandet bin zeigt, dass sich das Unterbewusstsein doch
manchmal treffender auszudrücken weiß, als man glauben möchte. Denn das Thema
Mensch und Gesellschaft, also alles, was man gemeinhin mit Pronomen wie „Ich“
und „Wir“ bezeichnet, nun mit „Es“ zu betiteln, finde ich gerade mehr als
bezeichnend.
Ein „Es“ ist ein Ding ohne Bewusstsein, ohne Seele, ohne
Sein.
Ein menschliches Wesen wird durch das Gegenteil davon definiert.
Und darum geht es, um diese vom Mensch selbst gern ignorierte
Seite seines eigenen Wesens, die, die nicht denkt, die entgegen aller Vernunft,
die sie besitzen sollte widerrechtlich handelt, die lernfähig sein sollte und
es so oft nicht ist…die ein „Es“ ist, und kein Mensch in dem Sinne, zu dem er
sich über jahrtausende an Menschheitsgeschichte angeblich gemacht hat.
Ich weiß nicht genau, warum ich dieser Tage für diese Art
von Thematik so sensibel bin.
Aber vermutlich lässt sich da gar nicht von Sensibilität
reden, weil es („ES“) einfach nicht zu übersehen ist, weil es mir von allen Seiten
des täglichen Lebens entgegen schreit, und eben nicht nur aus dem
metaphorischen Kleiderschrank;
Sei es nun die Freundin, die in ihrem Selbstwertgefühl
verletzt wurde, weil sie eindeutig eine diskriminierende Erfahrung machen
musste.
Der Mensch
ergießt sich in Vorurteilen.
Seien es Filme, die Themen wie Hexenverbrennungen, Sklaverei
und Kriege skizzieren, und das teilweise sogar nur am Rande, ohne dass es der
eigentliche Plot des Films ist. Und dennoch bleibt am Ende, wenn man selbst
alles gewollt Überzogene, Blutige und die Effekthascherei subtrahiert, eine
Linie menschlicher Grausamkeit, die sich durch alle Zeitalter hindurch zieht
und die einen nur noch fragen lässt: Lernen wir denn nie?
Der Mensch ist
uneinsichtig.
Sei es mein neues Studienmaterial, dass mich durch eine
Zeitreise sozialer Ungleichheit führt und mir außer dem Gedankengut vieler
revolutionärer Denker doch aber auch vor allem eines zeigt: Es gibt bis heute
keine Lösung. Es gibt bis heute kein gerechtes Teilen und Handeln zwischen den
Menschen.
Der Mensch ist egoistisch
und herrschsüchtig.
Sei es das leidige Thema des Leistungsdrucks, welches sich
mir schon aus rein beruflichen Gründen unübersehbar aufdrängt, welches aber zunehmend
unser aller Leben bestimmt. Wir stellen kognitive Leistung über alles andere
und werden blind für andere Kompetenzen, die uns ausmachen sollten…..
Der Mensch
erschöpft sich in elitärem Denken und ist oberflächlich.
Sei es die Fülle an Dokumentationen, Berichten, Studien, die
uns allesamt darauf hinweisen, dass wir wider allen besseren Wissens aus
Forschung und Wissenschaft weiterhin unseren eigenen Lebensraum zerstören und
unsere Ressourcen aufbrauchen - bis wir uns irgendwann selbst ausgelöscht
haben.
Der Mensch ist unvernünftig.
Und sei es das allgegenwärtige kollektive System, in welchem
wir leben, welches wir selbst sind. Das, das sich je nach Zeit und Gesellschaft
anders gestaltet und letztlich doch immer gleich ist, gleich in seiner Macht,
uns zum Mitziehen zu zwingen. Obwohl es in sich so krank und schwächlich und
unsinnig ist.
Der Mensch ist
beeinflussbar.
Ich denke, ich könnte diese Liste noch mühelos um einige
Punkte erweitern. Und alle würden sie miteinander verbunden sein, alle würden
sie zeigen, dass das eine das andere bedingt und umgekehrt.
Genauso gut hätte ich aber auch alles hier Erwähnte auf ein
einziges Beispiel begrenzen können. Und dieses hätte, ganz für sich alleine
stehend, dennoch bereits eines veranschaulichen können:
Der Mensch ist nicht das, wofür er sich hält, was er vorgibt
zu sein, was er sich selbst glauben machen will. Mit seiner Vernunft, seiner
Lernfähigkeit, seinem Mitgefühl ist es manchmal nicht weiter her als der
Steinwurf bis zum nächsten Dilemma der Menschheitsgeschichte.
Ich sage nicht, dass er diese guten Fähigkeiten, mit denen
er sich rühmt, gar nicht besäße.
Aber ich sage, dass er allzu oft nicht mehr ist,
als das „Es“, dass ihm innewohnt.
Ich habe lange überlegt, was ich zu diesen starken Worten schreiben möchte. Ein bisschen gehts mir jetzt wie dir zuvor - ich kann es nicht in Worte fassen! Verdammt! Das, was ich gerne sagen möchte! Ich merke aber, dass ich auf der Fühlebene erfassen kann, was du meinst, und ein bisschen schmerzt es in mir, weil das so sehr auch das berührt, womit ich immer wieder...ja, ich möchte es fast Probleme nennen...habe. Diese Menschen. Diese Menschen! Das denke ich so oft, weil ich oft traurig bin, wenn ich sie beobachte, und ich will mich da nicht mal ausschließen. Und dann gibt es auch wieder Momente, und die überwiegen langsam aber sicher, in denen ich realisiere: Ich kann "es" nicht ändern - ich kann nur mich selbst ändern. Und das einzige, das wirklich sinnvoll ist, ist, dies zu fokussieren.
AntwortenLöschen"Der Mensch erschöpft sich in elitärem Denken und ist oberflächlich." - das hat mich sehr berührt, weil es so sehr stimmt. Manchmal denke ich, wir glauben tatsächlich, dass wir uns mit all dem Kram retten können, der doch letztlich nur den Verstand füttert und beruhigt. Und je mehr wir in der Lage sind, unseren Verstand das vermeintlich Hochgeistige verarbeiten zu lassen und je mehr wir dazu noch in uns abzutöten in der Lage sind, desto mehr Wert "dürfen" wir uns in dieser Gesellschaft beimessen - ja, anscheinend ist es manchmal wirklich so. Ach, na ja, ich weiß auch nicht - ich...ich spüre so ein Ziehen im Herzen, wenn ich deine Worte lese.
Hm...da muss ich an die Worte von Ghandi denken: "Sei selbst die Veränderung, die du in der Welt sehen willst."
Lass es uns anders machen. Anders sein. Meinst du, das bekommen wir hin?
Liebe Grüße!
Meike
Hallo Meike,
AntwortenLöschentja, was soll ich sagen? Du hast recht mit deinen Worten, Ghandi hatte recht...und das zeigt, dass es immer wieder Menschen und Zeitpunkte gibt, in denen uns das bewusst ist, in denen wir erkennen, was wir da eigentlich tun und das es nicht gut ist (und nein, auch ich schließe mich da selbst nicht aus).
Aber schlussendlich bleibt eben immer genau diese Frage übrig, die du eben gestellt hast: Bekommen wir das hin? Werden wir jemals in der Lage sein, das - uns - zu ändern?
Tja...ich weiß es nicht, genausowenig wie du oder irgendwer sonst.
Was bleibt ist eine stille Hoffnung, dass es irgendwann mal so sein wird.
Wie immer, Danke für deinen Beitrag :)